„Auf Leute wie euch schießen wir“

■ RAF–Mitglieder Christian Klar, Manuela Happe und Helmut Pohl als Zeugen der Verteidigung im Prozeß gegen Eva Sybille Haule–Frimpong, Christian Kloth und Luitgard Hornstein: „Es gibt keine RAF im Knast“

Aus Stammheim Dietrich Willier

Vor über 200 Zuhörern äußerten sich gestern die verurteilten ehemaligen Mitglieder der RAF Christian Klar, Manuela Happe und Helmut Pohl zur Frage einer Fortsetzung der RAF–Mitgliedschaft im Knast, zu Haftbedingungen politischer Gefangener und zur Organisationsstruktur der RAF, wie auch zu deren Verhältnis zu anderen militanten Widerstandsgruppen. Die Angeklagten Kloth, Haule und Hornstein werden beschuldigt, sie seien Mitglieder der RAF und an Anschlägen auf die NATO–Schule in Oberammergau und die Firma Dornier beteiligt gewesen. Die Verteidigung hatte die Zeugenvernehmung beantragt, weil seit Anfang 1987 die Höchststrafe für Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung von fünf auf zehn Jahre heraufgesetzt worden war. Anerkennt der fünfte Strafsenat am Oberlandesgericht in Stammheim die Fortdauer einer solchen Mitgliedschaft im Gefängnis, könnte die Maximalstrafe verhängt werden. Weil die drei Angeklagten aber bereits im Sommer 1986 verhaftet wurden, müßte sonst die alte Höchststrafe von fünf Jahren gelten. Christian Klar betonte in seiner Vernehmung, die politischen RAF–Gefangenen seien nicht wie die RAF selbst politisch–militärisch organisiert. Sie hätten auf Aktionen der RAF keinen Einfluß, versuchten vielmehr mit eigenen Aktionen, die Mauern der Isolation untereinander und nach draußen aufzubrechen, um öffentliches Bewußtsein über die Lage in den Knästen zu schaffen. Die Hochsicherheitstrakte, so Klar, seien ein entwürdigendes Schlachtfeld, man sei dort auf konkrete Veränderungen aus, wie z.B. die Zusammenlegung der Gefangenen. Zur Frage der organisatorischen Verbindung zwischen Gefangenen der RAF und der RAF selbst äußerte sich auch Manuela Happe. Sie war vor mehr als vier Jahren nach einer Schießerei mit der Polizei verhaftet worden. Seither, so ihre gestrige Aussage, hechte die Bundesanwaltschaft hinter ihnen her, um eine weitere Verbindung zwischen Gefangenen und RAF nachzuweisen. Es gebe aber keine RAF im Knast, und die Guerilla würde sich in ih rem Kampf nicht nach den Gefangenen richten. Fragen der Bundesanwaltschaft wollte Frau Happe nicht beantworten: „Bundesanwälten antworten wir nicht, auf die schießen wir.“ Auf ihre Weigerung, weitere Fragen des Gerichts zu beantworten, reagierte der Vorsitzende mit einer Ordnungsstrafe von 500 Mark. Der Stammheimer Prozeß wird am kommenden Dienstag mit der Zeugenvernehmung der ehemaligen RAF–Mitglieder Ingrid Jacobs–Meier und Adelheid Schulz fortgesetzt.