Rundumschlag mit harter Faust

■ Massive Einschränkung der Pressefreiheit in Israel durch Verhaftungen und Verbote

Sechs Monate schon dauert der Aufstand der Palästinenser in der besetzten Westbank und dem Gaza– Streifen. Mehr als 170 Palästinenser und zwei Israelis starben bisher. Alle Versuche der Besatzungsbehörden, die

Die Kulturredakteurin der kürzlich verbotenen israelischen Zwei–Monatsschrift Derech Hanizzoz, Frau Hadas Lahav, ist am Freitag verhaftet worden. Unter der Anschuldigung, sie habe mit einer nach israelischem Recht illegalen PLO–Organisation Kontakte gepflegt, soll gegen Hadas Lahav ein Strafverfahren eingeleitet werden. In der gleichen Sache werden schon vier andere Redaktionsmitglieder verhört, die aber wie auch Frau Lahav die Beschuldigungen zurückweisen. Die Nizzoz–Gruppe bildet eine Fraktion der „Demokratischen Front“, einer auch im israelischen Parlament vertretenen linken Oppositionsgruppe. Mitglieder der Gruppe nehmen an, daß die hebräisch und arabisch erscheinende Zeitschrift verboten wurde, weil in der letzten Zeit vor dem Verbot detaillierte Berichte über die Intifada, den Aufstand der Palästinenser in den besetzen Gebieten, und die Unterdrückungsversuche der israelischen Besatzer veröffentlicht worden waren. Sie halten die Verhaftung der Redaktion für einen Akt behördlicher Rache an der Zeitschrift, die eines der wenigen israelischen Medien war, in dem die brutalen anti–demokratischen Maßnahmen der Armee gegen Palästinenser und die Repression von Israelis, die sich mit dem palästinensischen Unabhängigkeitskampf solidarisieren, dargestellt wurde. Einen besonderen Grund für die Verhaftungen sehen die Nizzoz– Mitglieder in dem weiterhin für den 2. und 3. Juni geplanten internationalen Seminar über Pressefreiheit in Israel und den besetzten Gebieten, das von der Redaktionsgruppe zusammen mit anderen Journalisten und Bürgerrechtlern in Israel vorbereitet wurde. Die seit zwei Wochen inhaftierte Redakteurin Roni Ben–Efrat durfte am Sonntag zum erstenmal ihre Anwältin Felicia Langer sprechen, während ihr arabischer Kollege Ribhi el–Aruri ohne Gerichtsverfahren für sechs Monate in die sogenannte administrative Haft genommen wurde. Am Sonntag protestierten 150 israelische Journalisten in einer in der Zeitung Haaretz veröffentlichten Petition gegen die schwere Verletzung der Pressefreiheit durch die Behörden. Der offizielle Terror sei mit der Verhaftung der fünf Nizzoz–Redakteure am deutlichsten geworden. Die Journalisten fordern die sofortige Entlassung der Kollegen und die Wiederzulassung der Zeitschrift. Zur Zeit sind über 25 arabische Journalisten in Haft, betonte in diesem Zusammenhang der israelische Bürgerrechtsverband. Mit einer Untersuchung will der Verband die allgemeine Verschlechterung der Pressefreiheit in Israel dokumentieren und weist hin auf die Verhaftungen, Schließungen von Presse–Büros und alternativen Informationszentren, Verbote von Zeitungen und Zeitschriften, Beschuldigungen und Bestrafungen von ausländischen Korrespondenten und die Abriegelung der besetzten Gebiete, um Öffentlichkeit auszuschließen. Der am Freitag verhaftete US– Bürger palästinensischer Herkunft Dr. Mubarak Awad befindet sich seit seiner Verhaftung im Hungerstreik. Er hat am Sonntag vor dem Obersten Gericht in Jerusalem gegen die vom amtierenden Innenminister und Ministerpräsident Shamir ausgestellte Ausweisunganordnung gegen ihn Beru fung eingelegt. Das US–Außenministerium hat inzwischen gegen die Ausweisungsdrohung, die am heutigen Montag vollzogen werden soll, protestiert und von der israelischen Regierung gefordert, Dr. Awad vor ein ordentliches Gericht zu stellen, wenn er sich schuldig gemacht hätte. Das Innenministerium beschuldigt den Psycho logen, von seinem Zentrum für zivilen Widerstand aus die Intifada gesteuert zu haben. Shamirs Sprecher Avi Pazner beschuldigte Dr. Awad, der „geistige Vater des Aufstands“ zu sein. Dagegen ließ Awad durch seine amerikanische Ehefrau erklären, er sei glücklich, daß die Führung des Aufstands in ihren bisher 14 Erklärungen nur aus seinen auf gewaltfreien Ungehorsam gerichteten Prinzipien zitiert habe. Er selbst habe nicht an der Veröffentlichung dieser Anweisungen für die Aufständischen mitgewirkt, vertrete dennoch voll die Ziele des Aufstands, nämlich die nationale Befreiung und die staatliche Selbständigkeit der Palästinenser. Amos Wollin