: Geißler gut gelaunt
■ „Sieg der Demokratie“ / Anderes Ergebnis wäre verwunderlich gewesen / Wahl ohne bundespolitische Bedeutung
Aus Bonn Oliver Tolmein
Die Überraschung war am Sonntag abend ganz auf Seiten der JournalistInnen, die zum routinemäßigen Wahlimbiß ins Konrad– Adenauer–Haus gekommen waren. Einen so deutlichen Wahlsieg der SPD hatte niemand erwartet - nur CDU–Generalsekretär Heiner Geißler. 20 Minuten nach den ersten Hochrechnungen trat der fast gut gelaunt vor das Mikrofon und bekundete: „Ein anderer Ausgang dieser Wahl hätte mich gewundert.“ Das Wahlergebnis sei ein Erfolg der Demokratie, weil die WählerInnen auf die Barschel–Affäre nicht etwa mit Wahlabstinenz und Resignation reagiert hätten, sondern, indem sie sich für die „demokratische Alternative“ entschieden. Weil es bei dieser Wahl aber nicht um politische Konzepte, sondern um die Verarbeitung „dieser Affäre“ gegangen sei, sei die absolute Mehrheit für die SPD auch „kein Freibrief für sozialistische Experimente“. Nach seiner Einschätzung des miserablen Wahlergebnisses für die FDP befragt, brach Heiner Geißler nach einem kurzen „Nun, also die Freien Demokraten in Schleswig–Holstein...“ in Gelächter aus. Erst im dritten Anlauf brachte er den Satz zu Ende „...die hatten hier noch nie einen guten Stand“. Ärgerlich wurde der CDU–Generalsekretär allerdings, als mehrmals nach Konsequenzen für Gerhard Stoltenberg gefragt wurde: Stoltenbergs Steuerrefom sei für das Wahlergebnis nicht verantwortlich, Stoltenberg als stellvertretender CDU–Bundesvorsitzender leiste sehr gute Arbeit, Stoltenberg als Landesvorsitzender habe großen Einsatz gezeigt. „Es gibt also keinen Grund für ihn, Konsequenzen zu ziehen.“ Wichtig schien es Geißler dagegen, nochmals darauf hinzuweisen, daß das Wahlergebnis in Schleswig–Holstein auch gezeigt habe, „daß die Rechtsradikalen in diesem Land nicht den Funken einer Chance haben, egal wie sehr so ein läppisches Ergebnis wie die drei Prozent für irgendwelche Splittergruppen in Baden–Württemberg auch hochgespielt wird.“ Unter Beifall nicht nur der anwesenden CDU–MitarbeiterInnen verließ Geißler den Saal.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen