Waterloo für CDU an der Waterkant

■ Triumphaler Wahlsieg und absolute Mehrheit für die SPD und Björn Engholm / CDU auf nahe 30 Prozent abgerutscht / FDP wieder aus dem Kieler Landtag rausgeflogen / Grüne noch schlechter als zuvor / Stoltenberg will von Rücktritt als Landesparteichef nichts wissen

Berlin (taz) - Land unter für die CDU: Bei den Landtagswahlen in Schleswig–Holstein erzielte Stoltenbergs Landesverband das schlechteste Ergebnis aller Zeiten: Nur 33,3 Prozent der Wähler mochten dem Barschel–Nachfolger Heiko Hoffmann ihre Stimme geben - 9,3 Prozent weniger als vor der Barschel–Affäre. Triumphal dagegen fiel der Sieg der Sozialdemokraten aus: Björn Engholm erhielt 54,6 Prozent und darf demnächst, ausgestattet mit einer komfortablen absoluten Mehrheit, als Ministerpräsident in Kiel einziehen. Im Landtag erhält die SPD nach den letzten Hochrechnungen bei Redaktionsschluß dieser Ausgabe 45 von 74 Sitzen. Für die CDU blieben gerade 28 Sitze. Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) ist weiterhin mit Karl–Otto Meyer als einzigem Abgeordneten vertreten. Der SSW konnte seinen Stimmenanteil leicht von 1,2 auf 1,8 Prozent der Stimmen erhöhen. Einer fehlt: die FDP. Von ihr blieben nach der Wahl nur die drei Punkte. Die Freien Demokraten blieben mit 4,6 Prozent (vorher 5,2 Prozent) deutlich unter der Fünf–Prozent–Hürde. Und auch die Grünen konnten keinen Blumentopf gewinnen. Ihr Stimmenanteil sank von schon zuvor dürftigen 3,9 auf 2,8 Prozent. Ein Grünen–Sprecher äußerte sich darob trotzdem beglückt: „Die Stimmung ist besser als das letzte Mal, weil wir einen inhaltlichen Wahlkampf geführt haben.“ Die Wahlbeteiligung stieg gegenüber 1987 geringfügig von 76,6 auf 78,0 Prozent. Erste Analysen zeigen für die CDU erdrutschartige Verluste in den ländlichen Regionen. Aber auch in Arbeitervierteln verloren die Christdemokraten satte zehn Prozent. Umgekehrt konnte die SPD auf den Dörfern die meisten Gewinne verzeichnen. Die rechtsradikalen Parteien NPD und Republikaner, die bei der letzten Wahl nicht kandidiert hatten, erzielten deutlich weniger Stimmen als erwartet worden war. Die beiden Wahlverlierer der CDU - Landesparteichef Stoltenberg und Spitzenkandidat Hoffmann unterschieden sich bei der Ursachenforschung für das CDU–Debakel deutlich in der Wortwahl: „Die schlimmen Vorgänge und Erschütterungen“, so Stoltenberg, seien in erster Linie verantwortlich für „die ganz harte Niederlage“. Einen Rücktritt schloß Stoltenberg dennoch aus. Hoffmann dagegen sprach Klartext: „Die Barschel–Affäre“ sei schuld. FDP–Spitzenkandidat Zumpfort sieht die Polarisierung zwischen den großen Parteien als Ursache für die Niederlage. Trotzdem werde die FDP „in Schleswig–Holtstein weiter liberale Politik machen“. „Ein Ergebnis, das schon fast beklommen macht“ - so kommentierte der SPD–Landesvorsitzende Walter den Sieg seiner Partei. Er versprach „einen anderen demokratischen Stil“ im Land. Mit 54,6 Prozent erzielte die SPD nicht nur ihr bisher bestes Ergebnis in Schleswig–Holstein, sondern erhielt auch die meisten Sitze, die jemals eine Partei dort erreichte. Für die CDU wird es nach der Niederlage in Schleswig– Holstein nun eng im Bundesrat. Dort ist Kohl jetzt auf die Stimmen auch der bayerischen Schwesterpartei angewiesen. Kommentar Seite 2 Landtagswahl Schleswig–Holstein Prozente und Sitze vom 8.5.1988 Parteien Landtg.87 Btg.87 Landtg.88 Landtg.88 % % Sitze SPD 45,2 (36) 9,8 4,6 5 CDU 42,6 (33) 1,9 3,3 8 FDP 5,2 (4) 9,4 4,6 - GRÜNE 3,9 (–) 8,0 ,8 - SSW 1,5 (1) - 1,8 - HOCHRECHNUNG (ARD 19.20 Uhr)