Giftgeisterschiff vor Italiens Küsten

Rom (taz) - Zu einer regelrechten Geisterfahrt entwickelt sich die Schipperei des syrischen Abfallfrachters Zanoobia: Seit mehr als eineinviertel Jahren versucht das im Dienst der Mailänder Firma „Jelly Wax“ fahrende Schiff, seine im ganzen Land gesammelte Ladung aus Müll unbekannter Zusammensetzung loszuwerden - ohne Erfolg. Mindestens vier, nach anderen Angaben aber möglicherweise auch schon zehn Mülldeponien haben sich geweigert, die Container aufzunehmen, die mittlerweile auf dem altersschwachen Kahn eine beträchtliche Hitze, stechenden Gestank und allerhand Rauchschwaden produzieren. Obwohl die italienischen Behörden noch vor zwei Tagen Erkrankungen der Besatzung - sie besteht aus sechzehn Syrern und zwei Libanesen - verneint hatten, verdichten sich inzwischen Gerüchte, die 18 Personen seien mit Atemnot und Verätzungen, wie sie bei Dioxinvergiftungen typisch sind, von Bord gebracht worden. Nach Angaben der ermittelnden Gesundheitsbehörde sollen sich an Bord des Schiffes mehr als 2.000 Tonnen Müll befinden - „möglicherweise in einer gefährlichen Mischung aus organischen und chemischen Stoffen“, wie der Hafeninspektor fürchtet. Umweltschützer sind aber vor allem deswegen besorgt, weil nach der Eintragung der Auslaufpapiere des Dampfers ursprünglich mehr als doppelt so viele Tonnen Müll geladen waren als sich jetzt noch auf dem Schiff befinden. Die Grünen im Parlament haben bereits eine Dringlichkeitsanfrage an den Umweltschutzminister gerichtet: „Der Verdacht liegt nahe, daß dem Schiff nahezu dreitausend Tonnen hochgiftigen Mülls auf hoher See abhanden gekommen sind - und wohl nicht wegen schweren Seegangs.“ Am Mittwoch will die mittlerweile mit Gasmasken an den Containern arbeitende Expertenkommission einen vorläufigen Bericht zumindest über die Hauptbestandteile des Mülls abgeben. Werner Raith