Eine Frauenministerin nur für Frauen

■ taz–Interview mit Marianne Tidick, der neuen Frauenministerin in Kiel

Marianne Tidick, Hamburgerin, 45 Jahre alt und SPD–Mitglied, studierte in Hamburg und in den USA Germanistik, Anglistik/Amerikanistik und legte ihre Staatsexamina in Hamburg ab. Nach journalistischer Arbeit und Unterricht an Hamburger Gymnasien ging sie 1971 als Referentin für Bildungsplanung in das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft nach Bonn, wo sie auch für Frauen– und Mädchenfragen im Bildungswesen zuständig war. 1976 kehrte sie nach Hamburg zurück und wurde - als erste Frau - Geschäftsführerin der Stiftung Jugend forscht e.V. Dort organisierte sie die Wettbewerbe „Jugend forscht“, „Schüler experimentieren“ und den Nachwuchsjournalistenwettbewerb „Reporter der Wissenschaft“. taz: Frau Tidick, Sie sind Generalsekretärin der Bund–Länder– Kommission (BLK) für Bildungsplanung und Forschungsförderung in Bonn, Sie sind die erste Frau im „Club“ der Bonner Generalsekretäre. Wieso werden Sie in Kiel Frauenministerin und nicht Bildungsministerin? Marianne Tidick: Der eine Grund ist der, daß Bildungspolitik ein hervorragender Einstieg in die Frauenpolitik ist, der andere Grund hat etwas mit den Berufen zu tun, die ich bisher hatte. Dort habe ich eine ganze Menge Frauenfragen angepackt. So haben wir im Moment in der BLK verschie dene Arbeitskreise: zum Beispiel die Situation der Frauen in der Wissenschaft, an der Hochschule, aber auch in der außeruniversitären Forschung, und die Förderung des weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchses. Einen anderen Arbeitskreis haben wir, der befaßt sich mit der Qualifizierung von Mädchen für technische Berufe. Und wenn man, wie ich, die Situation der Frauen auf dem Arbeitsmarkt verbessern will, dann ist das auch ein ganz wichtiger Hintergrund für meinen Einstieg. Man könnte natürlich auch als Bildungsministerin sehr viel für Frauen tun... Wenn Sie darauf anspielen, daß Eva Rühmkorf sehr lange Frauenpolitik gemacht hat, jetzt aber Kultus macht - wir haben uns gesagt, man muß nach so viel Jahren die Perspektive ändern. Sie hat über zehn Jahre Frauenpolitik gemacht, und ich habe wer weiß wie lange Bildungspolitik gemacht. Und wenn man sich das Hamburger Beispiel von Eva Rühmkorf anguckt, das ja sehr erfolgreich ist, so kann man trotzdem heute noch etwas weiter gehen. Dazu brauchen wir ein paar neue Ansätze: verhandeln mit der Wirtschaft und den Kammern über die Situation von Frauen, über Frauenförderpläne in großen, kleinen, und mittleren Unternehmen. Von daher ist es ganz hilfreich, wenn man Kenntnisse zum Beispiel aus der beruflichen Bildung hat, über die Ausbildungsplatzsituation von Mädchen oder wie es in Be trieben aussieht, und das bringe ich mit. Frau Tidick, Sie sind praktisch die erste Frauenministerin, der man keine weiteren Ressorts wie Gesundheit oder Familie angehängt hat. Sie sind allein für Frauen zuständig. Bekommen Sie nun auch ein Ministerium für sich alleine ? Nein, das grundsätzlich Neue ist, daß es eine Querschnittsfunktion ist; eine Frauenministerin angesiedelt in der Staatskanzlei. Also nicht in einem einzigen Ressort und nicht irgendwo angehängt, sondern mit einem eigenen Stab und einer Kompetenz, die es ermöglicht, im Kabinett abzulehnen, wenn es etwas abzulehnen gibt. Ich werde dieses Ablehnungsrecht haben - das, was Rita Süssmuth immer haben wollte und nicht bekam - und ein Initiativrecht, das über die anderen Ressorts hinaus auch Vorlagen einbringen kann. Sie haben also kein eigenes Ministerium... Es wäre auch unsinnig, wir können Frauenpolitik nur aus einer Querschnittsfunktion heraus machen. Frauenpolitik ist Bildungspolitik, Arbeitspolitik, Rechtspolitik und deswegen können wir das nicht plötzlich von einem Ministerium aus konzentrieren, sondern wir müssen in die anderen rein. Zurück zu Ihren Kompetenzen. Wie wird es in der Staatskanzlei aussehen, wenn Sie dort sind? Die Staatskanzlei spiegelt die anderen Ressorts inhaltlich wider. Das bedeutet, daß ich die Vorlagen der anderen Ressorts kritisch prüfen werde, ob sie frauenverträglich sind, das ist das eine, und wenn das nicht der Fall ist - was sicher unwahrscheinlich ist in einem so aufgeklärten Kabinett -, dann habe ich ein Recht, entsprechende Vorlagen oder Gesetzentwürfe abzulehnen. Darüberhinaus kann ich eigene Gesetzesvorlagen erarbeiten. Zielvorstellung ist ein Gleichstellungsgesetz für den öffentlichen Dienst des Landes Schleswig– Holstein und der Kommunen. Und das tangiert ja auch die Kompetenzen der anderen Ressorts, des Innenministers zum Beispiel. Ich kann das dann von der Staatskanzlei aus mit meinem Stab auf die Schiene setzen. Zum Schluß: ist Ihnen aufgefallen daß Sie und Frau Rühmkorf am Wahlabend nur sehr knapp ihrer Freude Ausdruck gegeben haben, vor den Fensehkameras, während ein zukünftiger Minister–Kollege lang und breit sein ganzes Konzept herunter gesagt hat, obwohl ihm die gleiche Frage gestellt worden war wie Ihnen? Das ist mir aufgefallen, aber ich habe nicht die Absicht, mich so zu verändern, ich denke schon, daß man andere Inhalte, andere Strukturen in anderen Formen vermitteln kann. Sind Sie Feministin? Das muß ich als Frauenministerin sein, und das bin ich auch. Interview: Maria Neef–Uthoff