Colombo schließt Vertrag mit JVP

■ In Sri Lanka wird Verbot der singhalesischen Befreiungsfront aufgehoben / Im Gegenzug soll JVP alle illegalen Aktivitäten stoppen und Waffen abliefern / Ermöglicht der Vertrag Wahlen?

Colombo/Berlin (taz) - Politische Beobachter zeigten sich am Dienstag überrascht: Die Regierung Sri Lankas hatte mit der JVP, der Singhalesischen Volksbefreiungsfront, einen Vertrag geschlossen. Das seit fünf Jahren geltende Verbot der JVP, der militanten Gegnerin jedes Abkommens der Regierung mit der tamilischen Minderheit, sollte aufgehoben werden, die JVP sollte dafür im Gegenzug bis zum 29. Mai ihre Waffen abliefern und auf weitere Gewalttaten verzichten. Die Entspannung schien jedoch nur von kurzer Dauer: am Mittwoch veröffentlichten die führenden Tageszeitungen das Dementi des JVP–Führers Rohana Wijeheera. Und der 23jährige JVP– Vertreter, der das Abkommen unterzeichnete, gab alsbald zu, er habe nicht in direktem Kontakt mit Wijeheera gestanden. Andererseits hat der zweite Mann der JVP, Upatissa Gamanayake, der ebenfalls unterzeichnet haben soll, bisher nicht dementiert - Anzeichen für Flügelkämpfe innerhalb der JVP? Die Regierung jedenfalls machte die Aufhebung des Verbots der JVP nicht rückgängig. Das Abkommen sieht vor, daß die JVP alle illegalen Aktivitäten stoppt und ihre Waffen bis zum 29. Mai in buddhistischenTempeln abgibt. Danach erfolgt eine Amnestie für alle Mitglieder der JVP, die in politischer Gefangenschaft sitzen - soweit sie nicht des Mordes oder Raubes angeklagt sind. Sollte das Abkommen tatsächlich durchgeführt werden, rückt damit erstmals eine Parlamentswahl in den Bereich der Möglichkeit. Bisher hatte die Regierung zur Entschuldigung für den Wahlaufschub den Terror der JVP angeführt; die Organisation hatte seit der Unterzeichnung des Friedensabkommens zwischen Indien und der Regierung in Colombo etwa 300 Regierungs– und Oppositionspolitiker ermordet. Für die Wahlen spräche aber nicht nur, daß jetzt das Sicherheitsrisiko geringer ist; die Beteiligung der JVP an den Wahlen würde auch der bisherigen parlamentarischen Opposition Stimmen wegnehmen. Bisher war allein die Sri Lanka–Freiheitspartei von Frau Bandaranaike Sammelbecken der Kritik am Friedensvertrag mit Indien. Präsident Jayewardene hätte damit die Opposition vor eine völlig veränderte Situation gestellt. Thomas Prinz