Gaza geschlossene militärische Zone

■ Nur Besatzungstruppen und israelische Siedler dürfen den Gaza–Streifen betreten und verlassen / Polizeieinheiten hindern Palästinenser an religiösen Feierlichkeiten teilzunehmen / Grenzpolizei geht mit Gummi– und Gasgeschossen gegen demonstrierende Muslime vor

Aus Tel Aviv Amos Wollin

Die israelischen Besatzungsbehörden haben in der Nacht zum Freitag den gesamten Gaza–Streifen zur geschlossenen militärischen Zone erklärt. Außer den Besatzungstruppen selbst dürfen „bis auf weiteres“ nur israelische Siedler das Gebiet betreten oder verlassen. Gleichzeitig hinderten verstärkte Polizei–Einheiten in Jerusalem Palästinenser aus der Westbank daran, an den Feierlichkeiten zum Ende des Ramadan– Monats in der al–Aksa und der Omar Moschee teilzunehmen. Durch diese Maßnahmen konnten zur „Nacht der Offenbarung des Koran“, dem höchsten islami schen Fest, nur wenige Gläubige am „Haram ash–Sharif“, dem Felsendom erscheinen. Traditionell versammeln sich zu dieser Gelegenheit einige Tausend Beter auf dem Vorplatz der Moschee. Einheiten der israelischen Grenzpolizei gingen mit Gummi– und Gasgeschossen gegen ungefähr 1.500 Muslime vor, die auf dem von den Israelis „Tempelberg“ genannten Plateau vor der Moschee für die nationale Unabhängigkeit der Palästinenser demonstrierten. Polizeisprecher erklärten in Jerusalem, daß sie in den nächsten Tagen mit weiteren Zusammenstößen zwischen palästinensischen Demonstranten und den Sicherheitskräften rechnen. Andere Regierungsstellen glauben nach Angaben des israelischen Rundfunks, daß „die Intifada, der Aufstand in den bestzten Gebieten, zumindest in Jerusalem liquidiert wäre, sollte das kommende Wochenende ruhig verlaufen“. Schon in den letzten Tagen waren „präventiv“ wiederum Dutzende von angeblichen „Rädelsführern“ der Intifada verhaftet worden, darunter auch Gewerkschafter und Journalisten. Die „Vereinte Führung des Aufstands“ veröffentlichte am Donnerstag das Flugblatt Nummer 16, in dem die Palästinenser für den 15. und 21. Mai zu einem Generalstreik aufgerufen werden. Inhaltlicher Schwerpunkt des Streiks soll die Ausbildungssituation in den besetzten Gebieten sein. Die Besatzungsbehörden hatten vor kurzem entschieden, die seit über vier Monaten geschlossenen Grundschulen am 23. Mai wieder zu öffnen. Wenn die vorläufige Wiedereröffnung der Schulen ohne Demonstrationen verlaufen sollte, könnten auch die weiterführenden Schulen und Universitäten ihre Tore öffnen. In jedem Fall haben Schüler und Studenten durch die Schließungen mindestens ein Semester verloren. Nach wie vor benutzen die israelischen Truppen einige Schulgebäude in der Westbank als militärische Unterkünfte. Die Führung des Aufstands empfiehlt palästinensischen Bevölkerung Nahrungsmittelvorräten für mindestens einen Monat anzulegen. Neben der Bereitstellung von medizinischem Material sollen auch Brunnen und Wasser– Reservoirs geschützt werden, die örtlichen Sicherheits– und Verbindungs–Komitees ausgebaut und der Widerstand gegen die neuen israelischen Ausweise organisiert werden. Ziel dieser Vorbereitungen ist die allmähliche völlige Unabhängigkeit der Palästinenser von der Besatzungsmacht und dem israelischen Arbeits– und Warenmarkt.