KDV–Kongreß sucht „radikalen Weg“

■ Breiter bundesweiter Kongreß gegen Kriegsdienste in Frankfurt / Zivildienst befördere auch „asoziale Entwicklungen“ für pflegerische Berufe / Zunehmende „Militarisierung des Alltags“

Aus Frankfurt Antje Friedrich

Nach 18 Jahren fand am Wochenende in Frankfurt der zweite bundesweite Kongreß gegen Kriegsdienste statt. In 21 Arbeitsgruppen diskutierten rund 500 TeilnehmerInnen aktuelle Probleme der Kriegsdienstverweigerung im In– und Ausland. Die TeilnehmerInnen kamen aus der Bundesrepublik, Südafrika, Österreich, der Schweiz, Belgien, Spanien, Griechenland, dem Iran und Irak. Der Durchführung des Kongresses war ein breites Bündnis zwischen den unterschiedlichsten Selbsthilfegruppen, Parteien und Organisationen, die Zivildienstleistende beschäftigen, vorausgegangen. Ein Kernpunkt der Diskussion bildete die generelle Feststellung aller ReferentInnen, daß der Begriff des Zivil– oder Kriegsdienstes neu definiert werden müsse und Kriegsdienstgegner bei ihrem Kampf gegen die allgemeine Wehrpflicht international stärker zusammenarbeiten und auch „radikalere Wege“ einschlagen müßten. Bei einer Pressekonferenz erklärte Matthias Kittmann (Arbeitsgruppe gegen zivilmililtärische Kriegsvorbereitung), der Zivildienst befördere „asoziale Entwicklungen“. Anzeichen hierfür bildeten der Einsatz von Kriegsdienstverweigerern in kranken– und altenpflegerischen Berufen, die jährlich rund 20.000 in diesem Bereich ausgebildeten Kräften unfreiwillig den Arbeitsbeitsplatz wegnähmen. Die Gesamtzahl der Zivildienstleistenden in der Bundesrepublik liegt derzeit bei rund 70.000. Bei einem zusätzlichen derzeitigen Bedarf von 9.000 und der in den kommenden Jahren spürbaren Auswirkungen des Pillenknicks, ist nach An sicht von Manfred Wagner ( Selbstorganisation der Zivildienstleistenden) die Verpflichtung von Frauen absehbar. Franz– Josef Hanke (Die Grünen) nannte einige Anzeichen für die, „zunehmende Militarisierung des Alltags“. So beinhalte der neue Entwurf des Gesundheitssicherstellungsgesetzes einen Passus, wonach künftig Ärztinnen verpflichtet werden sollen, im Rahmen ihrer Ausbildung eine halbjährige Zusatzausbildung in Katastropenmedizin zu absolvieren. Mit der Änderung des Zivildienstgesetzes, dessen Endnovelle am 19.Mai in erster Lesung im Bundestag diskutiert wird, beschäftigte sich der Kongreß kaum. Eine Zusammenfassung der unterschiedlichen Situation der ausländischen Teilnehmerinnen lag bei Redaktionsschluß noch nicht vor.