COSATU–Kongreß ruft zu Protestaktionen auf

■ Südafrikas Gewerkschaftsföderation will mit einem Generalstreik und einem Bündnis „nicht–rassistischer“ Organisationen gegen die Zerschlagung der südafrikanischen Gewerkschaftsbewegung vorgehen / Außerordentlicher Kongreß sollte den Widerstand neu formieren

Aus Johannesburg Hans Brandt

Südafrikas größte Gewerkschaftsföderation COSATU hat für Anfang Juni zu dreitägigen friedlichen Protestaktionen gegen das vom Apartheid–Regime geplante Anti–Gewerkschaftsgesetz aufgerufen. Die 1.400 Delegierten beschlossen auf einem außerordentlichen Nationalkongreß am Wochenende in Johannesburg, zu einem Generalstreik am 6., 7. und 8. Juni aufzurufen. Die im Februar erlassenen Ausnahmebestimmungen verbieten es der Organisation jedoch, politisch moti vierte Streiks zu initiieren. Die Proteste gegen das geplante Gesetz, mit dem die Gewerkschaften als einzig verbliebene politische Gegenmacht ausgeschaltet werden sollen, werden nur wenige Tage vor den Jahrestagen der Verhängung des Ausnahmezustandes am 12. Juni 1986 und der Soweto– Aufstände vom 16. Juni 1976 stattfinden. Um längerfristige Widerstandsaktionen zu planen, beschloß der Kongreß außerdem die Einberufung eines Koordinationskomitees mit Vertretern anderer demokratischer nicht–rassi stischer Organisationen. Das Komitee soll wiederum eine Konferenz verschiedener Organisationen einberufen. Die Definition „nicht–rassistisch“, die in der ursprünglichen Resolutionsvorlage nicht enthalten war, schließt allerdings Organisationen der konkurrierenden „Black Consciousness“ - Richtung wie die „Azanische Volksorganisation“ (Azapo) und den „Nationalrat der Gewerkschaften“ (NACTU) aus. Im Vorfeld des Kongresses war über die Möglichkeit einer Zusammenarbeit mit diesen Organisationen spekuliert worden. Die schon seit einiger Zeit in zahlreichen Betrieben anhaltenden Proteste gegen die geplante Gewerkschaftsgesetzgebung sollen fortgesetzt werden. Gleichzeitig soll versucht werden, durch Abkommen mit diesen Unternehmen das neue Gesetz zu umgehen. Die Stimmung bei dem außerordentlichen Kongreß, der ersten großen Anti–Apartheid–Veranstaltung seit Monaten, war eher nachdenklich. Die Eröffnungsrede von COSATU–Generalsekretär Jay Naidoo war eine trockene, umfassende Bestandsaufnahme der aktuellen Situation in Südafrika. Naidoo räumte ein, daß die Doppelstrategie des Regimes - einerseits verschärfte Repressionen, andererseits durch Reformen Anhänger unter den Schwarzen zu finden - die Anti– Apartheid–Organisationen zwar schwer getroffen hat. „Aber die Voraussetzungen, daß wir Fortschritte machen können, sind noch immer gegeben“, betonte Naidoo. In diesem Zusammenhang warnte der COSATU–Generalsekretär jedoch, daß Probleme in der Opposition und nicht zuletzt Konflikte innerhalb COSATUs, die Effektivität des Widerstandes schwächen könnten. „Dieser Kongreß wird das Schicksal und die Richtung der Föderation langfristig bestimmen“, sagte Naidoo. „Nur durch Einheit können wir Fortschritte im Kampf gegen die Tyrannei der Apartheid und Ausbeutung machen.“ Ob „Schicksal und Richtung“ von COSATU wirklich neu bestimmt wurden, geht aus den Resolutionen allerdings nicht hervor. Das werden die Entwicklungen der nächsten Monate zeigen.