Gen–Kritiker gegen die Turbo–Kuh

■ Prost: Zum „Tag der Milch“ werden heute in Brüssel 50.000 Unterschriften gegen das doping von Kühen mit gen–technisch gewonnenen Wachstumshormonen übergeben / In Tirol gibts bereits eine Firma zur Produktion des nirgends zugelassenen Mittels

Von Thomas Scheuer

Brüssel (taz) - Der glücklichen europäischen Kuh droht die Umwandlung in eine lebende Milchmaschine durch ein erstmals auf gentechnologischer Basis hergestelltes Wachstumshormon: Pünktlich zum heutigen „Internationalen Tag der Milch“ ziehen jedenfalls dagegen europäische Verbände von Bauern, Verbrauchern, Tierschützern und Ökologen zu Felde. In Brüssel wollen die Hormon–GegnerInnen dem bundesdeutschen Bauernhäuptling Ignaz Kiechle, derzeit Präsident des EG–Agrarministerrates, 50.000 Unterschriften aus der Bundesrepublik hinblättern. Der Protest richtet sich gegen einen Stoff, mit dem vier US–amerikanische Pharma–Multis weltweit das Milchvieh auf Höchstleistung trimmen wollen: das Rinderwachstumshormon „Bovine Somatotropin“, kurz BST. Den InGENieuren gelang es, das Hormon von genetisch manipulierten Bakterien im industriellen Maßstab produzieren zu lassen. Alle paar Wochen eine BST– Spritze in den Arsch, und die glückliche Turbo–Kuh, so verspricht die Pharma–Industrie, soll 10 bis 20 Prozent mehr Milch geben. Nun ist die Steigerung der Milchproduktion nicht gerade das dringendste Problem der EG, und hinter der Lancierung des BST steht denn auch eine langfristige Strategie: Das Hormon gilt als „Einstiegsdroge“ der Gen–Technologie für die Landwirtschaft. Die Zukunftsvision der Gen–Tüftler: Die Landwirtschaft als Rohstoffquelle für die Industrie. Das Euter der Kuh als lebender Bio– Reaktor für die Pharma–Labors. Zwar ist das umstrittene „Medikament“ weltweit noch nirgends zugelassen. Doch in einem Tiroler Dorf, inmitten saftiger Kuhweiden, hat ein österreichisches High–Tech–Unternehmen bereits den „Probebetrieb“ in einer neu errichteten Produktionsanlage aufgenommen. Mit im Geschäft: der Basler Katastrophen– Konzern Sandoz. Tagesthema Seite 3 Siehe auch Seite 9