PSI vor einem leichten Sieg?

■ Noch schwört das französische Rechtsbündnis RPR/UDF tausend Eide: niemals mit Le Pen! Die Ergebnisse des ersten Wahlgangs werden diese Schwüre auf die Probe stellen

Von Georg Blume

Berlin (taz) - Die französischen Bürgerlichen wollen gemeinsam untergehen. Noch einmal haben sich die Regierungsparteien der letzten Jahre, die gaullistische RPR und die rechtsliberale UDF, zu einem Wahlkampfbündnis für die Parlamentsneuwahlen im Juni zusammengerafft. Le Pen wollen sie dabei draußen lassen, ihm auch lokale Wahlbündnisse verweigern. Weshalb ihnen der Führer der französischen Rechtsradikalen prompt bescheinigte, daß die bürgerliche Politik „geradewegs in den Abgrund“ führe. Ob sich allerdings das Versprechen der Bürgerlichen einhalten läßt, auf Allianzen mit den Rechtsradikalen gänzlich zu verzichten, läßt sich erst nach dem ersten Wahlgang der Parlamentswahlen beantworten. Das französische Mehrheitswahlrecht ist nämlich besonders geartet: Nicht nur die beiden bestplazierten Kandidaten des ersten Wahlgangs ziehen in den zweiten Wahlgang, sondern auch jeder Kandidat mit mehr als 12,5 Prozent der wahlberechtigten Stimmen. Die Front National, deren Kandidat Le Pen beim ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen 14,5 Prozent der Stimmen erreichte, kann deshalb voraussichtlich in zahlreichen Wahlkreisen den eigenen Kandidaten für den zweiten Wahlgang im Rennen belassen, und damit würden sich die Stimmen auf der Rechten splitten - den Sozialisten einen sicheren Sieg bescheren. Somit aber ist absehbar, daß der entscheidende Zeitpunkt zwischen den beiden Wahlgängen liegen wird - die derzeitigen Bekundungen der Bürgerlichen harren noch in dieser Probe. In jedem Fall rechnen alle Beteiligten mit einem leichten Sieg der Sozialisten. Der ehemalige UDF–Präsidentschaftskandidat Raymond Barre betrachtet es bereits heute als „normal“, wenn die Franzosen ihrem neuen und alten Präsidenten eine „arbeitsfähige“ Mehrheit im Parlament bescheren.