INF–Abkommen auf der Zielgeraden

■ Der Senat in Washington nahm am Dienstag die Beratung des sowjetisch–amerikanischen Vertrags gegen die Mittelstreckenraketen auf / Die Vertragsgegner wollen alle Mittel nutzen

Washington/Berlin (taz) - Das INF–Abkommen hat gute Chancen, noch vor dem Gipfeltreffen in Moskau vom Senat ratifiziert zu werden. Die Fraktionsführer im US–Senat, Robert Byrd von den Demokraten und Robert Dole von den Republikanern, gaben sich am Dienstag zu Beginn der Debatte optimistisch. Der Senat muß die Ratifizierung des Abkommens mit einer Zweidrittelmehrheit befürworten, bevor der Vertrag in Kraft treten kann. Noch vor einer Woche klang es bei Byrd ganz anders, als er die Debatte wegen weiterhin bestehender Unklarheiten über einige Details kurzerhand absetzte. Außenminister Shultz wurde eigens nach Moskau entsandt, um diese Fragen zu klären, und erstattete am Montag den Senatoren Bericht. Die Senatoren hatten unter anderem geklärt wissen wollen, ob das INF–Abkommen nur atomare oder auch andere, auf futuristischen Technologien wie Lasern beruhende Waffen aus der Welt schafft. Shultz brachte aus Moskau eine schriftliche Bestätigung mit, daß dem so sei. Die Sowjetunion hingegen hatte jüngst gefordert, daß die USA 21 der veralteten Pershing 1–Raketen der Bundeswehr, die sich noch in den USA befinden, zerstören. Diese Forderung wurde aufgegeben, dafür den Sowjets das Recht eingeräumt, den Lagerungsort dieser Waffen zu erfahren und die Raketen dort zu inspizieren. Weiterhin waren sich die beiden Seiten nicht einig, welche Sorten und Größen von Behältern beim Verlassen des SS–20– Montagewerks Votkinsk von den US–Kontrolleuren inspiziert werden dürften. Auch dabei setzten sich die US–Unterhändler mit ihrer Position durch. Einige Demokraten wollen die ausdrückliche Zustimmung der Reagan–Administration, daß das Abkommen nicht in einigen Jahren aus Gründen der politischen Opportunität uminterpretiert werden kann. Parlamentarier um den erzkonservativen Jesse Helms wollen außerdem Vertragszusätze einbringen, die die Bedeutung des Abkommens drastisch verändern würden. Die komplizierte und altmodische Geschäftsordnung des Senats bietet der kleinen Minderheit der Vertragsgegner zahlreiche Möglichkeiten, eine Debatte zu sabotieren oder endlos zu verzögern. Während es kaum Zweifel gibt, daß das Abkommen am Ende seine letzte Hürde nehmen wird, läßt sich deswegen schwer sagen, wann das Votum erfolgen wird. Der demokratische Senator Alan Cranston forderte seine Kollegen auf, den Präsidenten nicht „mit leeren Haenden“ nach Moskau fahren zu lassen. sf/mf