„Bürger und Polizei in Konflikt“

■ Tagung der Evangelischen Akademie Tutzing bei BI–MitarbeiterInnen umstritten / Fronten bleiben verhärtet / Polizei setzt auf Psychologie und wirbt für eine Isolierung der „Gewalttäter“

Aus Tutzing Wolfgang Gast

Das Seminar „Bürger und Polizei im Konflikt“ der Eangelischen Akademie in Tutzing schlug schon im Vorfeld hohe Wellen. Teile der eingeladenen Oberpfälzer Bürgerinitiativen lehnten die Gespräche kategorisch ab, ein anderer Teil wollte die Gelegenheit nutzen, den Verantwortlichen aus Polizeiapparat und bayerischem Innenministerium deutlich die Meinung zu sagen. Referenten des dreitägigen Seminars waren unter anderem der Regensburger Polizeipräsident Wilhelm Fenzl, der Polizeidirektor Pfrogner von der Bereitschaftspolizei in Eichstätt, der Regierungsdirektor des polizeipsychologischen Dienstes HansJörg Trum sowie der Polizeioberrat Helmut Koch aus dem Bayerischen Innenministerium. Mehrere Gesprächsangebote des Polizeipräsidiums Niederbayern/Oberpfalz hatten schon früher bei den Anti–WAA–Bürgerinitiativen in der Oberpfalz Anlaß zu Auseinandersetzungen gegeben. Die Treffen mit der Polizei waren jedoch nicht zustande gekommen. Die Schwandorfer Bürgerinitiative und der Dachverband der Oberpfälzer Bürgerinitiativen legten zuletzt im Frühjahr 87 fest, keinen Annäherungsversuchen der Polizei nachzukommen, solange diese nicht „ernsthaft gewillt ist, künftig bürgerfreundlich und auschließlich streng nach dem Gesetz, nicht jedoch nach den Wünschen der CSU vorzugehen“. Für die Teilnahme an der Tagung, die gestern in Tutzing am Starnberger See, 30 Kilometer hinter München, zu Ende ging, hatte nur ein kleiner Teil der BI–Mitglieder das Votum ihrer Initiative. Die Schwandorfer Bürgerinitiative hatte überraschend Klaus Pöhler als offiziellen Delegierten entsandt und erklärt, mit der Teilnahme solle der Öffentlichkeitseffekt genutzt und die Polizeimethoden angeprangert werden. Der Dachverband der Oberpfälzer Bürgerinitiativen verwehrte dagegen seinem Sprecher Uwe Dams ausdrücklich jedes Mandat. SPD–Mitglied Franz Schindler, Rechtsanwalt der Kläger im Münchner CS–Gas–Prozeß, wollte die Sache nicht so hoch gehängt wissen. Für ihn handelte es sich um keine direkten Kontakte, etwa vergleichbar mit den umstrittenen Deeskalations–Gesprächen der Friedensbewegung in Loccum. Im Verlauf der Tagung wurde dann offensichtlich, daß die Fronten zwischen Polizeiführung und Bürgerinitiativen nach wie vor verhärtet bleiben. Die WAA–Gegner verwiesen wiederholt darauf, daß die Bayerische Staatsregierung, die den Bau der WAA durchsetzen wolle, für die Polizeieinsätze und Übergriffe der Beamten verantwortlich sei. Die Abgesandten der Polizeiführung versuchten dagegen, den Widerstand gegen die geplante Atomfabrik zu psychologisieren und für eine Isolierung der „Gewalttäter“ zu werben. Ziel der Maßnahmen des Bayerischen Innenministeriums, wie etwa die Aufstellung der Sondereinheiten „Unterstützungskommandos“, sei letzlich die Aufrechterhaltung des Demonstrationstrechtes. Die einzig neuen Argumente waren die Stellungnahmen der „Kritischen Polizisten“, die in den Diskussionen ihrem Dienstherrn mehrmals in den Rücken fielen.