Fußbad für EG–Anerkennung

■ Fachhochschulstudenten fordern Verlängerung ihrer Studienzeit und Anerkennung ihrer Diplome in der EG

Aus Wuppertal Anne Weber

Regen von oben und Wasser von unten, ein nasser Tag war das für etwa 30 StudentInnen der Gesamthochschule Wuppertal. In zwanzig leuchtendroten Kinderplanschbecken auf dem Mittelstreifen einer Hauptverkehrsstraße hielten sie am Dienstag über zwei Stunden ihr freiwilliges Fußbad aus. „Möllemann geht surfen, wir gehen baden“, verkündeten buntbemalte Plakate rund um das Happening. Beate, eine Architekturstudentin im vierten Semester, hockt auf dem Rand eines Planschbeckens und versucht vergeblich, sich durch Kettenrauchen warmzuhalten. „Die Bildungs– und Wirtschaftspolitik der Bundesrepublik ist für die Fachhochschulen eine glatte Katastrophe. In der Rekordzeit von sechs Semestern sollen wir unser Studium geschafft haben, und dann wird unser Abschluß europaweit noch nicht mal anerkannt“, meint sie empört. Mit der Aktion wollen die StudentInnen ihrer Forderung nach einer offiziellen Verlängerung ihrer Studienzeit um zwei Semester und der europaweiten Anerkennung ihrer Diplome Nachdruck verleihen. Anlaß zu dieser Demonstration gibt das bervorstehende Bundesbildungsministertreffen am 24.Mai in Brüssel. Das Happening in der Wuppertaler Innenstadt erweist sich zunehmend als volksnahe Aktion: AutofahrerInnen kurbeln bereitwillig die Fensterscheiben runter und nehmen Flugblätter in Empfang . Selbst die fünf Polizisten, die eigentlich angerückt sind, um der ungenehmigten Demonstration ein Ende zu setzen, solidarisieren sich nach Diskussionen mit den StudentInnen und sehen von einer Räumung ab. Auf dem Bürgersteig vor den angrenzenden Gebäuden der Fach bereiche Design, Architektur und Bautechnik unterstützten rund hundert StudentInnen die „Badenden“ mit Rockmusik per Lautsprecher, heißem Kaffe und Imbiß. Obwohl diese Teilnehmerzahl in Relation zu der gesamten Studentenschaft von 14.000 recht mager ist, herrscht gute Stimmung.“ Zu unserem Kongreß am Wochenende sind StudentenschaftsvertreterInnen aus 50 Städten hier nach Wuppertal angereist. Bundesweit, von Rosenheim bis Kiel, finden in dieser Woche ähnliche Aktionen an den Fachhochschulen statt. „Wir in der BRD stehen am schlechtesten da, grinst Ulla, eine Studentin der Druckereigraphik. Die anderen Länder akzeptieren uns nicht, weil unsere Studiendauer zu kurz ist. Faktisch verläßt hier aber keiner unter zehn Semestern die Uni“, erklärt Florian die bundesweite Forderung der FachhochschulstudentInnen „nach der Gleichbehandlung und Akzeptanz der Fachhochschulen gegenüber anderen Universitäten“. Die StudentInnen gehen für die Verbesserung ihrer Studiensituation und die Anerkennung ihrer Diplome aber nicht nur Baden: Auf ihrem Kongreß am vergangenen Wochenende diskutierten sie mit VertreterInnen der GEW, des DGB, politischer Parteien, der Vizepräsidentin des bundesdeutschen Bildungsausschusses im EG Parlament, Frau Seibel–Emmerling und Herrn Kühn vom Bundeswirtschaftsministerium. „Die Auseinandersetzung wurde bald zum Zuständigkeitsgerangel zwischen Bildungsausschuß und Wirtschaftsministerium. Frau Seibel–Emmerling unterstützte unsere Forderungen, sah aber keine Möglichkeit, etwas für uns zu tun. Herr Kühn meinte eine Studiendauer über sechs Semester sei schwer zu finanzieren,“ beschreibt Florian das Kongreßergebnis. „Und Möllemann“, spottet Ulla, wird noch von uns hören! Denn hinter uns stehen auch die Dozenten.“ Das Lehrpersonal ließ an diesem Tag alle Vorlesungen ausfallen. „Auch wir wenden uns gegen die Kaiser–Wilhelm– Politik der Bildungsminister. Für ein Bad im Planschbecken reichte seine Solidarität allerdings nicht.