Keine Lösung ohne Unabhängigkeit Namibias

■ In zähen Verhandlungen auf mehreren Ebenen soll der Krieg in Angola seinem Ende nähergebracht werden / Ohne Konzessionen Südafrikas ist jedoch eine Lösung nicht in Sicht / Den zur Zeit stattfindenden Verhandlungen zum Trotz geht der Krieg weiter

Von Michael Fischer

Berlin (taz) - Ohne die Unabhängigkeit des von Südafrika besetzten Namibia darf es kein Abkommen zur Beendigung des Kriegs in Angola geben. Selbst die Reagan– Regierung habe dieser Forderung zugestimmt, erklärte der Pressesprecher der namibischen Befreiungsbewegung SWAPO, Hidipo Hamutenya, am Mittwoch in Angolas Hauptstadt Luanda. Er spielte damit auf Überlegungen westlicher und südafrikanischer Diplomaten an, Namibia aus den zur Zeit stattfindenden Verhandlungen über eine Lösung des Angola–Konflikts auszuklammern. Wie allerdings eine Lösung des Konflikts aussehen könnte, bleibt trotz der regen diplomatischen Geschäftigkeit in den letzten Wochen unklar. Der US–Unterstaatssekretär für Afrika–Fragen, Chester Crocker, traf sich am Mittwoch und Donnerstag in Lissabon mit seinem sowjetischen Widerpart Anatoli Adamischin, um Lösungsvorschläge für Angola und die anderen Krisengebiete im südlichen Afrika zu erarbeiten. Nach der Einigung der Supermächte in der Afghanistan–Frage wollen Gorbatschow und Reagan beim Moskauer Gipfel Ende Mai nun auch ein gemeinsames Vorgehen im südlichen Afrika besprechen. In erster Linie soll die Zahl sowohl der 40.000 kubanischen als auch der 9.000 südafrikanischen Truppen in Angola verringert werden. Über weitergehende Fragen gibt es noch keine Einigung. Während die US–Regierung auf eine Anerkennung der von Südafrika und den USA unterstützten UNITA–Banditen drängt, lehnt der Kreml eine Machtbeteiligung der Rebellen oder gar eine Teilung Angolas ab. Stattdessen wollen die Sowjets weiter Militärhilfe an die ehemalige portugiesische Kolonie leisten, die durch den bereits 27 Jahre währenden Krieg fast völlig zerstört ist. Werden Reagan und Gorbatschow überhaupt über die Köpfe der direkt am Krieg beteiligten Parteien hinweg eine Lösung finden können? Obwohl sich das Apartheid–Regime zur Zeit konzessionsbereit zeigt und immerhin an den Friedensgesprächen in London und Brazzaville während der letzten zwei Wochen teilge nommen hat, ist kaum zu erwarten, daß Botha wirklich zu Zugeständnissen bereit ist. Zwar ist der Apartheid–Chef daran interessiert, die hohen Kosten und Verluste des Buschkrieges zu verringern. Ein Rückzug der südafrikanischen Truppen würde aber nicht nur die UNITA empfindlich schwächen, sondern auch die Jahrzehnte alte, südafrikanische Destabilisierungspolitik in einem strategisch wichtigen Teil des südlichen Afrika zunichte machen. Wenn Botha also wie bisher nur Zeit gewinnen will, wird es Reagan nicht gelingen, von den Südafrikanern Zugeständnisse zu erzwingen, die er Gorbatschow im Austausch für den Abzug der kubanischen Truppen aus Angola anbieten könnte. Wo der Kremlchef die Kompromißlinien sieht, ist noch offen. Die angolanische Regierung jedenfalls fordert nicht nur den Abzug der südafrikanischen Truppen: Namibia soll außerdem unabhängig werden, und die US–Regierung soll ihre Unterstützung für die UNITA einstellen. Trotz der Verhandlungen haben beide Seiten in den letzten Wochen ihr militärisches Engagement noch verstärkt. Während die Kubaner ihre Truppen um 4.000 Mann verstärkt haben sollen, übten US–Soldaten gemeinsam mit zairischen Truppen an der Grenze des prowestlich eingestellten Zaire. US–Flugzeuge sollen die UNITA–Truppen angeblich aus der Luft versorgt haben. Das Unternehmen scheiterte, weil die UNITA die angolanischen Verteidigungslinien nicht durchbrechen konnte. Andererseits soll es den angolanischen Truppen an der Südost–Front gelungen sein, die südafrikanischen Truppen zurück an die namibische Grenze zu drängen. Beiden Seiten scheint inzwischen klar zu sein, daß der Konflikt mit militärischen Mitteln nicht entschieden werden kann. Eine diplomatische Lösung hängt aber in erster Linie von - unwahrscheinlichen - Zugeständnissen der Südafrikaner ab.