Nachmann: Bonn mitverantwortlich?

■ Der stellvertretende Vorsitzende des Bundestagshaushaltsausschusses: „Finanzministerium ließ nicht die gebotene Sorgfalt walten“ / Finanzministerium will davon nichts wissen / Kein Anlaß zu Beanstandungen

Von Petra Bornhöft

Berlin (taz) - Im Zusammenhang mit der Unterschlagung von Wiedergutmachungsgeldern durch Werner Nachmann bleibt das Finanzministerium trotz heftiger Dementis im Zentrum der Kritik. „Die zuständigen Beamten haben nicht das gebotene Maß an Sorgfalt walten lassen“, sagte gestern der stellvertretende Vorsitzende des Bundestagshaushaltsausschusses, Dr. Klaus Rose (CSU), im Gespräch mit der taz. Das Ministerium sei verpflichtet gewesen, die Abwicklung der Zahlungen aus dem Härtefonds an den Zentralrat der Juden streng zu kontrollieren. „Wenn man rechtzeitig gefragt hätte“, so Rose weiter, „ob die Gelder einschließlich der Zinsen ihrem Verwendungszweck zugeführt wurden, dann wären die Lumpereien aufgefallen“. Als Grund für die mutmaßliche Schlamperei der Behörden nannte Rose Nachmanns „untade ligen Ruf „ zu Lebzeiten. Der frühere Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland wird beschuldigt, bis zu 33 Millionen DM an Zinsen aus Entschädigungsgeldern der Bundesregierung unterschlagen zu haben. Die Vorwürfe gegen das Finanzministerium wies dessen Sprecher Karl Heinz von den Driesch zurück. Eine hausinterne Überprüfung der Vorgänge habe keinen Anlaß zu Beanstandungen erbracht. Die monatlichen Abrechnungen der Jewish Claims Conference seien korrekt gewesen. Darüber hinaus, so Driesch, sei das Finanzministerium nicht berechtigt, die Kontobewegungen von der Bank für Gemeinwirtschaft an die von Nachmann eingeschaltete Bank zu überprüfen. Dieses Geldinstitut, die Societe Generale Alsacienne, hat unterdessen weitere Kontoauszüge an die mit der Aufklärung beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Treuarbeit übergeben. Dazu war die Bank, die jede Mitwisserschaft in der Affäre bestreitet, vom Zentralrat ultimativ aufgefordert worden. Im November 1987 hatte sich Werner Nachmann beim Bundesfinanzministerium um weitere Gelder aus einem im Dezember vom Bundestag beschlossenen „Härtefonds“ für alle NS–Verfolgten bemüht. Das Finanzministerium bestand nach Informationen der taz darauf, der Zentralrat solle zunächst eine Gesamtabrechnung für den fast ausgeschöpften Fonds vorlegen.