V–Mann bot Entführung an

■ Vor dem Ausschuß zum Celler Anschlag schilderte MPAIAC–Führer Cubillo die „Operation Neuland“

Aus Hannover Jürgen Voges

Der jugoslawische V–Mann des niedersächsischen Verfassungsschutzes Jelco Susak, der 1978 im Rahmen der sogenannten „Operation Neuland“ angeblich „deutsche Terroristen in Algerien aufpüren sollte, hat damals selbst angeboten, Entführungen wohlhabender Bundesbürger auf den Kanarischen Inseln zu organisieren. Vor dem Untersuchungsauschuß zum Celler Anschlag hat das gestern der Chef der Befreiungsbewegung für die Kanarischen Inseln (MPAIAC) Antonio Cubillo bestätigt. Im April 1978 verübten spanische Geheimdienstler, mit denen Susak in direktem Kontakt stand, ein Attentat auf Cubillo. Der heute 57jährige Rechtsanwalt, der 1985 aus dem langjährigen algerischen Exil auf die Kanaren zurückgekehrt ist, widersprach bei seiner Vernehmung der offiziellen Darstellung der „Operation Neuland“ in fast allen wichtigen Punkten. Nach Darstellung Cubillos begann die ganze Verfassungschutzoperation, bei der der V–Mann Susak mit Hilfe des spanischen Inlandsnachrichtendienstes an Cubillo herangeschleust wurde, nicht erst Anfang 1978 sondern bereits Mitte 1977. Ab Juli dieses Jahre habe der unter dem Decknamen „Hugo“ arbeitende Susak im Gefängnis von Gran Canaria Kontakt zu zahlreichen inhaftierten MPAIAC–Mitgliedern gesucht. Cubillo selbst hat sich, wie er anhand seines damaligen Terminkalenders belegte, nur am 25. und 26. Dezember 77 zweimal mit Susak, alias „Hugo“ getroffen. In diesen Gesprächen habe ihm der V–Mann vorgeschlagen, so erklärte der Zeuge, mit Hilfe anderer junger Deutscher die Entführung von reichen Bundebürgern zu organisieren, die im Süden Teneriffas eine Wohnung hatten. Mit der Entführung, so schlug Susak vor, solle man Geld für die MPAIAC erpressen. Diese Vorschläge habe er allerdings abgelehnt und darüber auch die algerischen Behörden informiert, die dann bereits am 6. Januar 1978 Susak ausgewiesen hätten. Fortsetzung auf Seite 2 Der Zeuge bestritt, danach noch einmal Kontakt zu dem niedersächsischen V–Mann gehabt zu haben. Damit widersprach er dem Ausschußbericht der Landesregierung, nachdem die gesamte „Operation Neuland“ und auch die Kontakte Susaks mit Cubillo sich im Frühjahr 1978 abgespielt haben sollen. Cubillo lastete Susak keine direkte Beteiligung an dem Attentat an, bei dem er im Jahre 1978 durch Messerstiche lebensgefährlich verletzt wurde. Anhand von zahlreichen spanischen Zeitungsberichten und durch die kurzfristig angesetzte Vernehmung eines mit Cubillo angereisten spanischen Journalisten konnte sich der Ausschuß jedoch davon überzeugen, daß der spanische V–Mann Espinoza Pardo sich selbst als Organisator des Attentats bekannt hat. Der gleiche Geheimdienstler hat nach niedersächsischen Unterla gen, die dem Ausschuß vorliegen, die Einreise Susaks nach Algerien organisiert. Cubillo sagte aus, dieser Geheimdienstmann und die beiden Attentäter seien am 23. und 24. April 1977 nach Algerien eingereist. Nach dem Bericht der Landesregierung soll sich Susak ebenfalls am 24. mit Hilfe des spanischen Inlandsnachrichtendienstes nach Algerien begeben haben - angeblich, um Cubillo erstmals zu treffen.