Hiebe auf dem Wasser Berliner Meisterschaften im Kanupolo / Märkische Wanderpaddeler contra Havelbrüder / Bisher 1.000 Aktive / Berlin gilt als Hochburg dieser Sportart / Nur die provisorische Szene-Bar erinnerte an Exclusivität

Hiebe auf dem Wasser

Berliner Meisterschaften im Kanupolo / Märkische

Wanderpaddeler contra Havelbrüder / Bisher 1.000 Aktive /

Berlin gilt als Hochburg dieser Sportart / Nur die

provisorische Szene-Bar erinnerte an Exclusivität

Männer ohne Unterleib. Bewaffnet mit einem Paddel stecken sie bis zum Bauch in ihren Booten und rudern einem kleinen Plastikball hinterher. Kanupolo nennt sich sowas. Gespielt wird auf einer 40x80 Meter großen Wasserfläche, die durch Boolen markiert ist. Jeweils sechs Spieler können mit Boot, Paddel und Hand den Ball vorantreiben. In der Bundesrepublik gibt es ca. 1.000 Kanupolo-SpielerInnen, die seit 1971 offiziell in Vereinen zusammengeschlossen sind. Berlin gilt gemeinhin als Hochburg dieser nassen Angelegenheit. Auf der Insel Eiswerder in Spandau fanden an diesem Wochenende die 2.Berliner Meisterschaften in dieser Sportartenmischung aus Eishockey, Kanu und Handball statt. Warum die Paddler auf die Idee gekommen sind, ihre Sportart mit Polo in Verbindung zu bringen, ist ein sporthistorisches Rätsel. Weder auf noch an der Havel konnten jedenfalls irgendwelche Wasserpferde, geschweige denn Jockeys entdeckt werden. Das einzige, was entfernt an die Reitsportart erinnern könnte, sind die Hetzjagden nach dem Ball.

Zwischendurch kippt immer mal wieder ein Spieler aus dem Boot, manchmal kentert letzteres auch zum Ärger des Fahrers. Und wehe, der kann dann keine „Kenterrolle“. Blubb, blubb schluckt er den Havelfisch. Auch setzen die Spieler ihr Paddel als (Ball-)Schläger ein oder benutzen ihr Boot als Rammbock, ähnlich einem Autoscooter auf der Kirmes: „Die Kanus sind jetzt exta mit Gummipuffern geschützt worden. Früher gingen regelmäßig die Boote im Spielverlauf zu Bruch“, meint ein Experte am Ufer. Die Sportart ist schon über 60 Jahre alt. Damals wurde die „Kampfsportart“ (O-Ton) mit Faltbooten betrieben, doch der Materialverlust war zu groß. Erst Plastik und billiges Gummi sorgten für ein Comeback. „Vor dem 2.Weltkrieg gab es in der Mark Brandenburg überall Kanupolo-Clubs. Hervorgegangen ist die Sportart aus der Bewegung der Wanderpaddler. Damals wanderte man zu Boot über die märkische Seenplatte. „Zum Ausgleich spielte man Kanupolo“, erzählt ein Kanute. Heute erinnert nur noch der Name des amtierenden Deutschen Meisters aus Berlin an vergangene Zeiten: Vereinigung Märkischer Wanderpaddler nennt sich der erfolgreiche Club (24 Deutsche Meistertitel seit 1971). „Wir trainieren heute vor großen Wettkämpfen täglich. Bei den Olympischen Spielen in Seoul werden wir die internationale Anerkennung bekommen. Bisher haben nur auf informeller Ebene ca. 32 Nationen einen regelmäßigen Spielbetrieb organisiert. Schon bald, so hoffen wir, wird Kanupolo olympische Disziplin“, meint ein Kanute. In Berlin trumpften die Märkischen Wanderpaddler als klare Favoriten auf. Ihre Gegner: der Kajak Club Nord West und die Kanusport Vereinigung Havelbrüder. Letztere hatten sich einen kleinen Trinkstand aufgebaut, der jeder Szene-Bar Konkurrenz machen könnte. Die „Havelbrüder“ schenkten vom „Hemmungsbrecher“ über den „Gurgelgleiter“ bis zum „Zeckensekt“ jeden möglichen Alk-Mix aus. Joop