Vor der Mauer liegt der Strand Die von Polizei und Presse schon totgesagte Besetzung des Lenne-Dreiecks, jetzt Norbert-Kubat-Dreieck, dauert an / DDR-Grenztruppen sind auf Deeskalationskurs / Die Besetzer errichten ein Hüttendorf / Unterstü

Vor der Mauer liegt der Strand

Die von Polizei und Presse schon totgesagte Besetzung des

Lenne-Dreiecks, jetzt Norbert-Kubat-Dreieck, dauert an / DDR -Grenztruppen sind auf Deeskalationskurs / Die Besetzer

errichten ein Hüttendorf / Unterstützung durch Touristen und anwohnende Dauer-Camper

Die von Mittwoch auf Donnerstag vergangener Woche erfolgte Besetzung des Lenneschen Dreiecks (taz berichtete) am Potsdamer Platz dauert entgegen anderslautenden Meldungen unverändert an. Das Gelände wurde inzwischen nach Norbert Kubat umbenannt, der sich nach dem 1. Mai 1987 in der U-Haft das Leben nahm. Die mittlerweile auf 40 Köpfe angewachsene Besetzer-Gruppe wurde von den VoPos zwar aus ihrem Basislager in der Mitte des Dreiecks vertrieben, durfte ihr Zeltlager aber auf dem Randstreifen des rechtsfreien Raums wieder errichten. Auf dem Rest des Geländes dürfe lediglich „spazierengegangen“ werden, berichteten Besetzer über ihr jüngstes Agreement mit den DDR-Posten. Am Sonntag abend waren es schon zwölf Zelte, die sich am Rande des Dreiecks befanden. „Falls ihr Bock auf Sommer, Leben, Lachen und Streiten habt“, heißt es in einem Flugblatt, „dann kommt gefälligst her, damit wir den Platz halten können.“

Über mangelnde Unterstützung hatten die Besetzer schon gestern nicht zu klagen: Die Wohnwagen-Kolonie am Potsdamer Platz leistete „selbstverständliche Nachbarschaftshilfe“, indem sie ihnen einen Wassertank vorbeibrachte. Andere Unterstützer kanem mit Essen und Trinken und auch die Touris, vom Transparent „Vorschit, bissige Besetzer! Fotografieren verboten, füttern erlaubt“ angelockt, ließen schon die eine oder andere Mark in die Spendenbüchse fallen. Die Besetzer, die ein zauberhaftes Stückchen Grün erhalten wollen, machten sich die Sauberkeit auf dem Platz zum höchsten Gebot. Zum Plenumsbeschluß gehört auch, daß kein Feuer angezündet werden darf. Zum Klo haben sie es ohnehin nicht weit, können sie doch den Touristenklo-Container am Potsdamer Platz benutzen.

Die BI Westtangente, die ihr Plenum am Donnerstag abend spontan auf den Platz verlegte, unterstützt die Besetzung des Dreiecks aufs schärfste. Die Besetzung sei eine Aktionsform zur Vereitelung der umwelt- und verkehrspolitisch unsinnigen Westtangente, erklärte sie gestern.

Machte die Besetzung, an der maßgeblich Autonome, aber auch einige ALer und Sympathisanten beteiligt sind, anfangs den Eindruck einer kurzfristigen Protestaktion gegen die Westtangenten-Pläne des Senats, haben die Besetzer dieses Bild inzwischen revidiert: „Wir haben das Dreieck nicht symbolisch besetzt, sondern werden hier bleiben und unseren Lebensraum einrichten“, schreiben sie in einem Flugblatt. Die DDR-Grenzpolizei, die zeitweise Verstärkung durch Soldaten der Nationalen Volksarmee (NVA) bekam, beschränkte sich nur noch auf die symbolische Sicherung ihres Territoriums.

Der Samstag verging dagegen noch unter Anwesenheit zahlreicher schaulustiger Touristen und ein paar West -Berliner Polizisten, die mit ihren Schuhspitzen peinlich genau hinter der Demarkationslinie blieben, mit einem gegenseitigen Kräftemessen zwischen Besetzern und DDR -Posten. Etwa 15 Grepos und mit Maschinenpistolen bewaffnete NVA-Soldaten rückten immer wieder in Ketten vor, um die Besetzer zurückzudrängen.

Seither beschränkten sich die DDR-Grenzer darauf, das Geschehen und seine Verursacher stündlich mit Videoaufnahmen und Fotos zu dokumentieren. „Es ging und geht uns nicht darum, Territorium der DDR zu besetzen oder ihre Grenze zu verletzen, sondern unsere Zukunft auf dem Gelände nach der Gebietsübergabe zu sichern“, stellten die Besetzer ihrerseits ihre Haltung in dieser Ost-West-Angelegenheit klar. „Die Besetzung“, so heißt es in dem entsprechenden Flugblatt weiter, „richtet sich nicht nur gegen die Vernichtung der Grünfläche für den Autobahnbau, sondern gegen das System, das solche Schweinereien nötig hat.“

Wer auch in das neue Hütten- und Zeltedorf ziehen möchte, möge Schlafsack, Werkzeug und was mensch noch so braucht, mitbringen, sagen die Besetzer.plu/bes