Kolumbien: Armee stoppt Bauern Soldaten verwehren 50.000 protestierenden Campesinos den Weg in die Städte / Streik in den Slums von Bogota / Mexikanische Botschaft besetzt / Mindestens elf Tote bei den Protesten

Kolumbien: Armee stoppt Bauern

Soldaten verwehren 50.000 protestierenden Campesinos den Weg in die Städte / Streik in den Slums von Bogota /

Mexikanische Botschaft besetzt / Mindestens elf Tote bei den Protesten

Aus Bogota Ciro Krauthausen

Etwa 50.000 Bauern lagerten am Wochenende weiterhin auf den Straßen Nordkolumbiens. Sie waren am vergangenen Montag zu Märschen auf die Departementshauptstädte aufgebrochen, um von der Regierung das Ende des „schmutzigen Krieges“ und elementare Dienstleistungen wie Wasser- und Stromversorgung zu fordern. Schwerbewaffnete Armee-Einheiten versperrten den Campesinos überall den Weg in die Städte. Die Märsche seien von der Guerilla organisiert, so die offizielle Begründung für den Einsatz der Armee. Insgesamt starben nach amtlichen Angaben im Zusammenhang mit den Bauernprotesten mindestens elf Personen, darunter auch zwei Soldaten.

Die beiden unter noch ungeklärten Umständen erschossenen Soldaten scheinen darauf hinzudeuten, daß die Guerilla tatsächlich mitmischt. Ein Fernsehteam interviewte zudem einen Untergrundkämpfer, der bestätigte, daß die Bauern von der Guerilla „militärisch unterstützt“ würden. Selbst wenn es so wäre, meint Jose Antequera, Vorstandsmitglied der linken „Union Patriotica“, täte dies den „gerechten Forderungen der Bevölkerung“ keinen Abbruch. Tatsächlich verlangen die Bauern oft nur das, was ihnen die Regierung im letzten Jahr nach ähnlichen Protesten versprochen hatte. Nachdem er sich vier Tage geweigert hatte, erklärte sich Innenminister Trujillo am späten Donnerstagabend doch noch zu Verhandlungen mit Delegierten der Bauernmärsche bereit. Nach einem zehnstündigen Gespräch wurde allerdings zunächst nur vereinbart, auf regionaler Ebene weiterzuverhandeln. Ob sich die Bauern damit abspeisen lassen werden, war am Wochenende noch unklar.

Während auf dem Land die Bauern marschierten, ging es auch in den Städten heiß her. In den Slums von Bogota wurde am Donnerstag ein 24stündiger Streik ausgerufen, um eine ausreichende Wasserversorgung durchzusetzen. Soldaten kreisten die betroffenen Stadtviertel ein. Ein kommunistischer Gewerkschaftsführer und mehrere Aktivisten wurden vorübergehend verhaftet. Am anderen Ende der Stadt besetzten am Freitag etwa 50 Studenten 33 Stunden lang die mexikanische Botschaft und forderten direkte Verhandlungen mit der Regierung über Menschenrechtsfragen.

Neben diesen Protestaktionen ging in Kolumbien der „schmutzige Krieg“ in der vergangenen Woche seinen nunmehr gewohnten Gang. In Barrancabermeja, einem der Zentren der Bauernmärsche, wurde am Mittwoch der Gewerkschaftsführer James Cardona erschossen. Am Freitag ermordeten Killer den 28jährigen Carlos Kovacs, Mitglied der „Union Patriotica“ und Präsident des Parlaments der Provinz Meta. In Medellin wurden fünf Personen von Unbekannten erschossen, und in der südlichen Provinz Huila wurde ein Massengrab mit 14 Leichen entdeckt.