Flinkes Messer vor Gericht In Hamburg findet ein Kunstfehler -Prozeß gegen den ehemaligen Orthopädie-Professor Bernbeck statt 108 Fälle von Fehlheilungen sind bisher nachgewiesen und staatlich entschädigt worden

„Flinkes Messer“ vor Gericht

In Hamburg findet ein „Kunstfehler„-Prozeß gegen den

ehemaligen Orthopädie-Professor Bernbeck statt

108 Fälle von „Fehlheilungen“ sind bisher nachgewiesen und staatlich „entschädigt“ worden

Seine Patienten nannten ihn „flinkes Messer“. Seit Freitag wird im Prozeß gegen den ehemaligen Hamburger Orthopädie -Professor Rupprecht Bernbeck der wohl größte Ärzteskandal in der Geschichte der BRD verhandelt.

Der inzwischen 71jährige Ex-Chefarzt, Ehrendoktor und „Nestor der Kinderorthopädie“ ist wegen fahrlässiger Körperverletzung in fünf Fällen angeklagt. Bernbeck soll Hunderte von Patienten zu Krüppeln operiert haben: die meisten entschlossen sich aber erst zu einer Strafanzeige, als die Tat schon verjährt war.

Beinverkürzungen, Fehlstellungen oder Gelenk -Verknöcherungen, verbunden mit Gehbehinderungen bis hin zur Rollstuhl-Abhängigkeit - das sind nur ein paar Beispiele Bernbeckscher „Fehlheilungen“, wie er selbst sie vor der Großen Strafkammer des Hamburger Landgerichts nannte. Der Professor soll mit veralteten und falschen Operationsmethoden bei teilweise unzureichenden hygienischen Bedingungen gearbeitet haben. Dennoch hat der Ruheständler im bayerischen Starnberg wieder eine freie Praxis eröffnet, an der er festhalten will, „solange die Kraft reicht“. Vor Gericht wiederholte er am Freitag die zuvor schon vor einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuß geäußerte Devise: „Meine Seele, nicht mein Gewissen ist belastet“. Annähernd 37.000 chirurgische Eingriffe, also durchschnittlich 2.000 Operationen pro Jahr hat der militärisch-zackig auftretende Bernbeck während seiner 18jährigen Chefarzt-Tätigkeit im Allgemeinen Krankenhaus Barmbek abgewickelt. Insgesamt 242 Patienten meldeten bei der Hamburger Gesundheitsbehörde Anspruch auf Schadensersatz an, 108 Fälle sind abgeschlossen, über 14 Millionen Mark bisher ausbezahlt worden. Unter dem Strich also nur „drei Promille Schadensmeldungen“, versuchte Bernbeck-Verteidiger Wandschneider die „Fehlheilungs„-Bilanz des Orthopädie -Professors am ersten Verhandlungstag zu relativieren. Wandschneider bezweifelte angesichts einer „massiven Vorverurteilung in den Medien“, daß es für seinen Mandaten überhaupt noch einen fairen Prozeß geben könne. Dem Ex -Chefarzt drohen bis zu 15 Jahren Haft.Gabi Raas