Plastikband als Mauerersatz

■ Das weiterhin besetzte Lenne-Dreieck wurde von West-Berliner Polizisten mit rot-weißem Plastikband symbolisch abgesperrt BesetzerInnen planen Randbebauung mit Hütten, Kartoffel- und Gemüseanbau

Plastikband als Mauerersatz

Das weiterhin besetzte Lenne-Dreieck wurde von West-Berliner Polizisten mit rot-weißem Plastikband symbolisch abgesperrt BesetzerInnen planen „Randbebauung“ mit Hütten, Kartoffel und Gemüseanbau

Im Verkehrssenat und im Bonner Verkehrsministerium erhielt die taz gestern keine Bestätigung für die Vermutung, das Bundesfinanzministerium stehe einer Bezuschussung der geplanten „Nord-Süd-Straße“ skeptisch gegenüber.

Die Schnellstraße, eine Neuauflage der Westtangente, gelte zunächst weiter als rein Berliner Maßnahme, war zu erfahren. Allerdings sei zu erwarten, daß die Schnellstraße als Bundesfernstraße deklariert wird. Dann müßte Bonn etwa die Hälfte der bisher offiziell veranschlagten 5OO Millionen Mark Baukosten berappen. Ob mit dem Bonner Geld schon zum geplanten Baubeginn 1991 zu rechnen ist, scheint Eingeweihten jedoch als „absolut unwahrscheinlich“.

Die 5O bis 6O Besetzer des vormaligen Lenne- und jetzigen Norbert-Kubat-Dreiecks ziehen daraus Hoffnungen, aus ihrem von Ost-Berlin weiterhin tolerierten Hüttendorf an der Bellevuestraße eine dauerhafte Einrichtung machen zu können.

Der Senat sieht in dem Gelände, das im Rahmen des Gebietsaustausches am 1. Juli von Ost- in West-Berliner Besitz wechselt, Bauland für seine Schnellstraße. Wie die taz berichtete, wollen die Besetzer mit der seit letzten Mittwoch dauernden Aktion nicht nur gegen die Westtangente und „Zwiebeln aus der Tube“ angehen, sondern auch Raum für eigenes Leben schaffen. Wie sie gestern erklärten, planen sie langfristig entlang der Bellevuestraße eine „Randbebauung“ mit Hütten, die das wilde Grün auf der Vier -Hektar-Fläche gleichwohl unangetastet läßt.

Auch an den Anbau von Kartoffeln und Gemüse sei gedacht. Wie sie gestern versicherten, sind neue Mitbesetzer ebenso gern gesehen, wie Geld- und Sachspenden fast aller Art, insbesondere in Form eines Bauwagens, der die Küche aufnehmen könnte.

Am gestrigen späten Nachmittag standen auf dem Gelände bereits 18 Behausungen, darunter drei Hütten. Während die Besetzer am Nachmittag zusätzliche Plastikplanen als Regenschutz anbrachten, wurde die West-Berliner Polizei erneut aktiv: Sie sperrte das vier Hektar große Gelände symbolisch ab. In den Boden gerammte Eisenstangen und rot -weißes Baustellenband sollen offenbar als symbolischer „Mauerersatz“ dienen. Während die Besetzer diesen Schutz vor allzu viel unerbetenem Besuch begrüßten, zeigte die britische Militärpolizei sich indigniert. Um den Fahrzeugen ihrer Majestät ihre periodischen Patrouillenfahrt durch das besetzte Viertel weiterhin zu ermöglichen, mußte das Band an einigen Stellen wieder entfernt werden.hmt