Die Duisburger Häfen sollen aufgemöbelt werden Der Schiffsgüterumschlag geht stetig zurück, und die Infrastruktur ist veraltet / Ein Freihafen als Mosaikstein für den Weg aus der Krise

Die Duisburger Häfen sollen aufgemöbelt werden

Der Schiffsgüterumschlag geht stetig zurück, und die

Infrastruktur ist veraltet / Ein Freihafen als Mosaikstein für den Weg aus der Krise

Von Achim Bauer

Der Duisburger Hafen und der Fußballverein MSV Duisburg haben das gleiche Problem: Sie sind Traditionsunternehmen der Stadt an der Ruhrmündung, sie ringen um den Wiederaufstieg, und wenn sie ihre Klientel nicht endgültig verlieren wollen, darf der Erfolg nicht mehr lange auf sich warten lassen. Der immer noch größte Binnenhafen der Welt lebt vor allem vom Umschlag von Massengütern; Erze, Kohlen, Eisen und Stahl machten 1987 mehr als zwei Drittel des Gesamtumschlags aus. Um so gravierender sind die Folgen des Niedergangs der Stahlindustrie und des Steinkohlebergbaus im Ruhrgebiet.

Allein im letzten Jahr ging der Umschlag von Kohle um 6,5 Prozent, der von Eisen und Stahl um fast vier Prozent zurück. Der gesamte Schiffsgüterumschlag sank von noch über 60 Millionen Tonnen im Jahr 1979 auf weniger als 50 Millionen Tonnen 1987. Auch in Duisburg ist deshalb fällig, was für das ganze Ruhrgebiet beschworen wird: ein Strukturwandel. Nur hochwertige Stückgüter, zum Beispiel Videorecorder, können auf Dauer die sinkenden Umschläge bei den traditionellen Ruhrgebiets-Gütern ausgleichen.

Beim Stückgutverkehr gibt es aber mit Häfen wie Antwerpen, Rotterdam und Hamburg alteingesessene Konkurrenz, die diese Entwicklung viel früher bemerkte und entsprechend reagierte. Von „ausschlaggebender Bedeutung“ sei die Lage der Montanindustrie für den Hafen, notierte die Duisburg -Ruhrorter Häfen AG (Hafag) in ihrem jüngsten Geschäftsbericht - auf der Bonner Ruhrgebietskonferenz war der Kanzler von den Duisbuger Problemen so beeindruckt, daß er ihnen einen Freihafen schenkte.

Freihafen - das klingt nach großer weiter Welt, meint aber einfach, daß ankommende Waren nicht versteuert und verzollt werden müssen. Erst wenn sie in das zollpflichtige Umland gebracht werden, wird die Zollgebühr am Ausgang des Hafens bezahlt. Der nordrhein-westfälische Verkehrsminister hatte schon 1987 ein Gutachten in Auftrag gegeben, um die Freihafen-Idee unter die Politiker zu bringen. Der Bericht führt auf, was der Freihafen in einigen Jahren bringen kann: Stückgüter wie Computer oder Autoteile könnten umsatzsteuerbefreit zwischengelagert werden. Spekulative Güter wie Kaffee könnten gehortet werden, bis ihr Marktpreis steigt. Außerdem könnte Duisburg mehr als bisher Anlaufstation für den Rhein-See- Verkehr mit Containern werden.

Im Hafen sieht man das Geschenk skeptischer. Die Hafag, die den öffentlichen Teil des Hafens betreut, hat bloß 100.000 Quadratmeter für den zukünftigen Freihafen reserviert. Das reicht gerade für ein paar Schuppen. Allein der öffentliche Teil des Hafens, der ein gutes Drittel des Gesamtumschlags bewältigt, hat eine Fläche von 7,3 Millionen Quadratmetern. In Hamburg umfaßt der Freihafen 16 Quadratkilometer, ein Sechstel des Gesamtumfangs.

Da der Duisburger Freihafen Neuinvestitionen anziehen soll, wurden nicht einfach bestehende Teile des Hafens zur Freihafenzone erklärt. Deswegen kritisieren ausgerechnet alteingesessene Hafenunternehmen das Projekt - deren Anlagen stehen im alten Teil des Hafens. „Wir können doch nicht einfach unsere Investitionen stehen lassen und uns in einen Freihafen flüchten“, zitiert die 'Rheinische Post‘ den Vorstandsvorsitzenden einer Hafenspedition.

Nicht nur der Freihafen, auch die in Bonn beschlossene Modernisierung des Hafens fällt mickrig aus. Duisburg verhandelt noch mit der nordrhein-westfälischen Landesregierung um Fördermittel für einen Teleport. Teleport ist ein Kommunikationssystem, das die einzelnen Hafenbetriebe per Computer miteinander vernetzt und so eine Koordination beim Warenumschlag ermöglicht. Duisburg hinkt damit aber beispielsweise hinter Bremen zurück, das bereits 1975 ein internes Kommunikationssystem einführte. „Mittlerweile verstehen wir unter Teleport schon etwas ganz anderes“, ist beim Bremer Hafensenator zu hören. „Bis zum Herbst dieses Jahres werden in Bremen alle Hafenunternehmen mit allen Hafenkunden vernetzt sein.“ Duisburg kann froh sein, wenn bis dahin die Arbeiten für die ältere Variante begonnen haben.

Wenn Duisburg im Rhein-See- Verkehr zulegen will, fehlt aber noch mehr in der Sammlung. Bisher vergeblich fordern die Niederrheinische Industrie- und Handelskammer und der Hafenbetriebsverband, was Seehäfen längst haben: ein Güterverkehrszentrum (GVZ). Produzenten und Händler versuchen heute, ihre Waren sehr knapp vor dem Zeitpunkt zu ordern, wo sie in der Produktion oder im Verkaufsregal gebraucht werden. Ihr Ziel: Sie wollen die Lagerkosten senken. Dadurch wird die Zahl der Sendungen immer größer, ihr Umfang immer kleiner.

GVZs sind eine Reaktion auf die immer komplizierteren Warenströme. In einem GVZ können Speditionen ihre Lieferungen für eine ganze Region abladen. Erst dort werden sie „feinsortiert“ und bis zum Endabnehmer gebracht. Da es in Duisburg kein GVZ gibt, wird „der Markt um die Ruhrmündung meist von anderen Plätzen aus bedient“, wie der Hafenbetriebsverband klagt. Freihafen und Modernisierung sind damit bescheidene, späte Versuche, die verlorene Wettbewerbsfähigkeit des Duisburger Hafens zurückzugewinnen.

Die Verwirklichung der Beschlüsse wird noch dauern, auch wenn in Bonn von „Sofortmaßnahmen“ die Rede war. Erst einmal hat der Kanzler das Finanzministerium ersucht, ein Verwaltungsverfahren zur Genehmigung des Freihafens einzuleiten.

Ein Grund für den späten Start zu dessen Modernisierung ist die Trägheit der Hafag, die zu je einem Drittel der Stadt, dem Land und dem Bund gehört. Die Diskussion um den Teleport hat in Duisburg überhaupt erst vor zwei Jahren begonnen.

Die hochverschuldete Stadt ist bei solchen aufwendigen Projekten auf Mithilfe des Landes angewiesen. Erst der Druck aus Rheinhausen und eine öffentliche Diskussion über Duisburg als drohende Elendsregion weckte in Bonn und Düsseldorf zögerliche Hilfsbereitschaft. Der Teleport in Rotterdam dagegen wurde von Anfang an als Forschungsprojekt staatlich finanziert. (siehe auch obenstehenden Kasten)