Wieviel Finger hat eine Faust?

■ Das Geheimnis um das Omo-Plakat

Wieviel Finger hat eine Faust?

Das Geheimnis um das Omo-Plakat

„Da stehts“ - die Hand zeigt auf das Omo-Plakat und wirklich, da stehts: „Entfernt Schmutz und Geruch“. Prima eigentlich und doch ist da etwas merkwürdig: Die Hand - das ist doch nicht normal! Ich zähle einmal, zweimal: sechs Finger hat die Hand, und wenn es wenige Dinge gibt, die ich sicher weiß: Fünf Finger müßt Ihr sein!

So blöd kann sich doch keine Marketing-Abteilung anstellen, da wird doch genau und perfekt gearbeitet, ein so grober Schnitzer aus Versehen? „Nein“, sagt mir die freundliche Dame am Telefon der Lever-Vertretung in Deutschland. „Natürlich kein Versehen, sondern Absicht. Der Verbraucher soll stutzen, sich wundern und Kontakt aufnehmen.“

Und das ist geschehen. Die Resonanz auf das Plakat sei groß, die Leute wollen wissen, wie das gemeint sei, und nebenbei werden sie dann auch noch mit einigen Produkt-Infos gefüttert. So auch ich: „Ein ganz neues Omo, nur der Name ist noch der alte, eine kleinere Packung, neu gestyltes Outfit, verändertes spezifisches Gewicht und damit einhergehend eine geringere Umweltbelastung.“ Der Trick hat funktioniert: Das Plakat als Auslöser der Neugierde, die zum Telefon greifen läßt, und schon hole ich mir meine persönliche Werbung ab.

Herr Rautzenberg, der Advertising-Manager von Lever, erläutert die Entstehungsgeschichte des Plakates: „Die Hand ist mit der Absicht eingesetzt worden, anzudeuten, daß Omo anders ist.“ Es hätte intern Überlegungen gegeben, ob der negative Effekt (Abnormität, Verkrüppelung) größer sei als der positive, eine besondere Aufmerksamkeit zu erreichen.

Der entstandene Dialog mit der Zielgruppe zeige aber, daß eine eher positive Reaktion vorherrsche. Natürlich gebe es auch Verbraucher, die „auf den Fehler“ aufmerksam machen, das aber eher „mit einem Schmunzeln“. Die Assoziation zur Gen-Technologie, zu Mutationen, gefällt ihm gar nicht. Das sei nicht die Richtung, in die man wolle.

Nein, das war mir auch klar, aber daß man heutzutage Werbestrategien fahren muß, die eventuell die 'normale‘ Physiognomie aufheben, verheißt wahnsinnige Möglichkeiten. Mein Vorschlag: Ein zweiköpfiges Kind beißt genüßlich in einen Schokoriegel. Denn zwei Münder essen doppelt...Claudia Seiring