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Eindeutige Posen

■ Nackte Frauen störten Betriebsfrieden

Eindeutige Posen

Nackte Frauen störten Betriebsfrieden

Nur wenige Tage hing die Ausstellung von Artur Kratz (62) in Foyer und Treppenhaus des Bundesamtes für Arzneimittelforschung in der Weddinger Seestraße. Dann ließ der Institutsleiter die Bilder entfernen. Die nackten Frauendarstellungen hatten den Ärger der MitarbeiterInnen provoziert.

„Die Männer standen vor den Bildern und haben geschmunzelt und gelästert“, erzählte gestern eine Personalrätin des Bundesamtes. „Ganz viele Mitarbeiterinnen haben sich davon gestört gefühlt, nicht nur Frauen“.

Die Bilder zeigten durchweg ein und dasselbe Motiv. Junge üppige Frauen meist zu zweit in eindeutigen Posen. Insgesamt 35 Bilder hingen auf allen Stockwerken des Hauses. Den künstlerischen Wert könne sie nicht beurteilen, sagte die Personalrätin, aber im ganzen Haus „nackte Weiber“ und das täglich am Arbeitsplatz, das sei einfach zuviel. Sie und viele ihrer Kolleginnen fühlten sich als Frauen „bloßgestellt“. Einige hätten zur Selbsthilfe gegriffen und die Bilder einfach umgedreht. Bis es einem Kollegen zu bunt geworden sei und er mit einer Unterschriftenliste durchs Haus zog.

Institutsleiter Alfred Hildebrandt, durch den massiven Protest alarmiert, ließ die Bilder dann auch sofort abhängen. „Mir ist der Betriebsfrieden im Hause wichtiger“, sagte er gestern und zeigte Verständnis für die MitarbeiterInnen, die die 35fache Ausfertigung der Nackten satt hatten.

Die 'Bild'-Zeitung, die diesen „Skandal“ gestern aufgedeckt hatte, ließ es sich nicht nehmen, den Frauen eins auszuwischen: Genüßlich behauptet das Blatt, über eine kurz davor stattgefundene Ausstellung, in der nackte Männer gezeigt wurden, hätten sich die Frauen nicht beklagt.

Der Künstler ist jetzt sauer. Er unterstellt den Frauen Prüderie. Die Frauen kontern: Wenn ein 60jähriger Mann 35mal dieselben Frauenkörper malt, könne man sich auch seinen Teil denken. „Wir Frauen wollen nicht als Lustobjekte herhalten.„bf

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