: Duartes Abschied von El Salvador
■ Der Präsident von El Salvador flog in die USA, um sich wegen seines schweren Krebsleidens behandeln zu lassen
Duartes Abschied von El Salvador
Der Präsident von El Salvador flog in die USA, um sich wegen seines schweren Krebsleidens behandeln zu lassen
San Salvador (rtr/dpa/taz) - „Entweder gestattet Gott es mir, meinen Kampf und meinen Kreuzzug für das fortzuführen, woran ich glaube, oder er wird anders entscheiden.“ Diese Worte, die der Präsident El Salvadors, Jose Napoleon Duarte, vor dem Parlament zum Abschied sagen wollte, wurden von seinem Vize Rodolfo Castillo Claramount verlesen, der seine Fernostreise abgebrochen und eiligst aus Taiwan zurückgekehrt war. Duarte befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits auf dem Flug in die USA, wo er in einer Washingtoner Klinik operiert wird. Er müsse sich wegen eines sieben Zentimeter langen blutenden Magengeschwürs behandeln lassen, sagte er beim Abflug. Sein Vize gab nur vor Journalisten bekannt, Duarte leide an Brust-, Magen- und Darm-, Knochen und Leberkrebs, er sei ein Mann „am Rande des Todes“. Freunde und Angehörige des 62jährigen Staatschefs befürchten, daß er nicht mehr lebend aus den USA zurückkehrt. Daß der Gesundheitszustand des Präsidenten dramatisch ist, geht auch aus einer Erklärung von Verteidigungsminister Eugenio Vides Casanova hervor. Er versicherte, daß es keinen Militärputsch geben werde. Wenn dem so ist und Duarte tatsächlich nicht mehr aus den USA zurückkommt, wird Castillo, der jüngst aus der regierenden Christdemokratischen Partei ausgeschlossen wurde, bis zu den Präsidentschaftswahlen im kommenden März die Regierungsgeschäfte übernehmen. Die schwere Erkrankung ereilte Duarte auf einem Tiefpunkt seiner Karriere. Die Christdemokratische Partei ist zutiefst gespalten. Im März hat sie die parlamentarische Mehrheit an die rechtsextreme ARENA verloren. Damit ist nicht nur eine US-Strategie gescheitert, denn das Weiße Haus hat Duarte, der 1972 von der damaligen Militärdiktatur ins Exil geschickt worden war, gezielt an die Macht gespielt, als Mann der Mitte aufgebaut und sein christdemokratisches Regime weltweit als demokratische Alternative zur „sandinistischen Diktatur“ verkauft. Auch Duarte selbst war politisch am Ende. „Ich bin Präsident geworden, um zu versuchen, Frieden durch Demokratie zu finden“, schrieb er in einem autobiographischen Buch vor zwei Jahren, „50 Jahre lang überließen die reichen Familien das blutige Geschäft der Gewaltherrrschaft den Militärregimes“.
Doch in seiner achtjährigen Amtszeit, zunächst als Junta -Mitglied, wurde die Mannschaftsstärke der Armee von 10.000 auf 55.000 aufgestockt, starben 60.000 Menschen unter den Kugeln von Todesschwadronen und im Bürgerkrieg wurden Dutzende von Dörfern wegbombardiert, flohen über eine Million Salvadorianer ins Ausland. Einen ernsthaften Dialog mit der Guerilla hat Duarte bis zuletzt hartnäckig abgelehnt.
thos
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