Rettungsversuche ohne Hoffnung

■ Zerstörte Schachtanlagen und Grubengas erschweren die Bergungsarbeiten

Rettungsversuche ohne Hoffnung

Zerstörte Schachtanlagen und Grubengas erschweren die

Bergungsarbeiten

Eine halbe Stunde vor dem Ende der Frühschicht kam es am Mittwoch um 12.30 zu der Explosion, die alle 57 Bergleute der Schicht einschloß. Die Detonation zerstörte den Förderschacht und das oberirdische Bergwerksgebäude. Acht Männer wurden von umherfliegenden Trümmerteilen schwer verletzt. Niemand hatte eine Vorstellung von dem Ausmaß der Verwüstungen unter Tage. 90 Minuten, nachdem sich ein Rauchpilz kilometerweit ausgebreitet hatte, versuchte der erste Rettungstrupp der Grubenwehr zu den Verschütteten vorzudringen. Vergeblich.

Geröllberge in den beschädigten Schächten erschweren die Arbeit der auch aus dem Ruhrgebiet hinzugezogenen Bergungsspezialisten. Wegen der Gasentwicklung unter Tage können die Männer nur mit schwerem Atemschutzgerät arbeiten. Durch die eingestürzten Schächte ist das Belüftungssystem unter Tage zusammengebrochen. Es gelingt nicht, einen Funkkontakt zu den Eingeschlossenen herzustellen. Eine anderslautende Meldung am frühen Abend erweist sich später als unrichtig: Man hatte fälschlicherweise ein Gespräch zwischen Helfern als Lebenszeichen der eingeschlossenen Bergleute gedeutet.

Im Laufe des Nachmittags wird die Lage zunehmend chaotisch. Hubschrauber fliegen Ärzte, Bergungsspezialisten, Politiker und Sicherheitsfachleute ein. Die Unglücksursache gibt den meisten ein Rätsel auf. Immer geringer werden die Überlebenschancen. Zwar trägt jeder Bergmann eine Atemschutzmaske bei sich gegen das Kohlenmonoxid. Doch die Masken können nur etwa drei Stunden vor Erstickung bewahren.

Am Abend werden in dem zwei bis drei Kilometer großen Grubenfeld in hundert Meter Tiefe Tote gefunden. Nach amtlichen Angaben kamen einige Männer gleich durch die von der Explosion ausgelöste Druckwelle ums Leben. Diese Druckwelle breitete sich sekundenschnell in den über 25 Kilometer langen, aber nur zwei mal zwei Meter großen Gängen aus. Andere Bergleute hätten es noch geschafft, die nur kurze Zeit schützenden Atemmasken aufzusetzen. Diejenigen, denen das nicht gelang, starben sofort.

In der Nacht arbeiten die Rettungstrupps an drei verschiedenen Stellen im südlichen Teil des Bergwerks. Große Lüfter blasen Frischluft in den Stollen, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Dies scheint unzureichend, am Vormittag kündigt das hessische Oberbergamt an, man werde durch neue Schächte einen „Frischwetterkreislauf“ schaffen, um danach die Toten in Rettungskörben zu bergen. Unterdessen hat ein Spezialunternehmen auf dem Ostteil des Geländes mit einer Bohrung begonnen, durch die die Grubenwehr zu noch Verschütteten vordringen soll. Petra Bornhöft