BDI-Wunschliste: Freiräume für die Industrie

■ Sozialpakt soll Standort Bundesrepublik sichern /Bloß keine Arbeitszeitverkürzung

BDI-Wunschliste:

Freiräume für die Industrie

Sozialpakt soll Standort Bundesrepublik sichern /Bloß keine Arbeitszeitverkürzung

Berlin (taz) - Mit einer staatsmännischen und staatstragenden Grundsatzrede eröffnete der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Tyll Necker, die Jahrestagung seiner Organisation am Montag in Bonn, die dem Thema „Verantwortung für die Zukunft“ gewidmet ist.

Die Verantwortung für die kommenden Generationen gebiete es, in allen Bereichen die Vorsorge für die Zukunft zu verstärken und mit Kraft, Mut und Entschlossenheit die Weichen in die richtige Richtung zu stellen. Für den Endspurt in ein neues Jahrtausend forderte Necker Unternehmen, Gewerkschaften und Staat auf, ihre Kräfte zu bündeln und einen Pakt zugunsten des Standortes Bundesrepublik abzuschließen. Gemeinsam einen größeren Kuchen zu backen sei produktiver, als sich um die Krümel zu streiten, meinte er.

Trotz dieser Einladung plagten ihn aber auch Zweifel an den anvisierten Pakt-Partnern. In Richtung Arbeitnehmerseite fragte er, ob sich die Gewerkschaften ihrer Verantwortung für die Zukunft bewußt seien, wenn sie nach wie vor die Arbeitszeitverkürzung zu ihrem zentralen Programmpunkt machten. Wenn sich die Aktiven immer mehr Freizeit gönnten, gehe die steigende Zahl der Rentner leer aus und der Generationenvertrag werde gefährdet. Insbesondere die knappen kreativen Kräfte dürften durch Arbeitszeitverkürzungen nicht gehindert werden, mehr zu tun. Er hatte dafür ein interessantes, wenn auch nicht stimmiges Argument: Die von Gewerkschaften und Sozialdemokraten zur Zeit der Währungsreform empfohlene Rationierung der Lebensmittel sei schon vor 40 Jahren das falsche Rezept gewesen. Genauso biete heute die Rationierung der Arbeit keine Hoffnung für die Arbeitslosen.

In die Verantwortung von Pakt-Partner Staat fallen dem BDI -Präsidenten zufolge vor allem günstige steuerliche Rahmenbedingungen für Investitionen. Denn Investitionen seien Zukunftsvorsorge. Allerdings mußte er zugeben, daß die bundesdeutschen Unternehmer weniger investieren als ihre ausländischen Kollegen.

Die Steuerreform 1990 sei zwar ein richtiger Schritt, es müsse ihm jedoch als zweiter Schritt die für die nächste Legislaturperiode angekündigte Unternehmens- und Gemeindesteuerreform folgen. Steuerliche Entlastungen dürften schließlich nicht durch höhere Lohnzusatzkosten wieder aufgehoben werden. Deshalb wandte er sich auch ganz aktuell gegen Vorschläge zur Erhöhung der Sozialabgaben. Stattdessen seien Strukturreformen bei den sozialen Sicherungssystemen unerläßlich. Ein Abwälzen der Sozialkosten auf die Staatskassen würde diesen unverantwortlich verschulden. Weitere konkrete Ziele seiner Wunschliste: Deregulierung von Telekommunikation, Agrarsektor und Verkehrsbereich. Überhaupt solle der Staat nicht mehr regeln als unbedingt nötig. Notwendig sei eine Politik, die die Freiräume erweitere.

Die natürlichen Lebensgrundlagen der Umwelt allerdings könnten nur durch sinnvolle Regelvereinbarungen und verantwortungsbewußtes Handeln aller Betroffenen für die Zukunft erhalten werden. Dazu hatte er erst kürzlich erklärt: „Umweltschutz ist Chefsache!“ - wie jedes gute Geschäft.geo