SPD-Enkel flirten mit dem Kapital

■ Lafontaine fordert Möglichkeit sozialdemokratischer Angebotspolitik / Strukturprobleme des Arbeitsmarktes seien nur im Konsens lösbar / Niemand soll überfordert werden

SPD-Enkel flirten mit dem Kapital

Lafontaine fordert Möglichkeit „sozialdemokratischer

Angebotspolitik“ / Strukturprobleme

des Arbeitsmarktes seien nur im Konsens lösbar / Niemand

soll überfordert werden

Berlin (taz) - Erstaunliche Übereinstimmungen mit Spitzenvertretern des deutschen Kapitals demonstrierten am Montag die SPD-Enkel Lafontaine und Engholm. Nach einem Gespräch in der Bonner SPD-Baracke mit dem Arbeitgeberpräsidenten Klaus Murmann, dem AEG-Vorstandschef Heinz Dürr, dem DGB-Bundesvorstandsmitglied Ilse Brusis, dem Vorsitzenden der Gewerkschaft Holz und Kunststoff, Horst Morich, sowie dem Bischof der nordelbischen Kirche, Ulrich Wilckens, brach Kanzleraspirant Lafontaine wieder einmal ein sozialdemokratisches und gewerkschaftliches Tabu: er sprach über die Möglichkeit einer „sozialdemokratischen Angebotspolitik“, einer Politik also, die den Hebel zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise nicht auf traditionell sozialdemokratische Weise bei der Konsumnachfrage, sondern bei der Steigerung der Unternehmerprofite sucht. Engholm ergänzte etwas moderater: eine verbesserte Angebotspolitik müsse mit einer sinnvollen Nachfragepolitik verbunden werden.

Murmann räumte ein, in den Personalabteilungen gebe es häufig prinzipielle Widerstände gegen eine Ausweitung der Teilzeitarbeit. AEG-Dürr warf den Gewerkschaften vor, sie würden bei der Flexibilisierung der Arbeitszeiten auf einer „Tyrannei des Status quo“ verharren und zukunftsweisende Lösungen blockieren. Die Strukturprobleme des Arbeitsmarktes seien nur im Konsens lösbar. Alle Gesprächsteilnehmer sprachen sich für ein Bündel von Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit aus, wobei keiner der Beteiligten überfordert werden dürfe.

Eine ähnliche Gesprächsrunde hatte es bereits vor einem Jahr in Schleswig-Holstein gegeben. Unter der Moderation von Bischofs Wilckens hatte sich eine überparteiliche Runde auf einen konkreten Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in Schleswig-Holstein verständigt.marke