Wider die Aufklärung

■ Justizministerin stolpert über Palme-Ermittlungen

Wider die Aufklärung

Justizministerin stolpert über Palme-Ermittlungen

Nicht etwa, weil sie etwas vertuscht hatte, sondern weil sie etwas wissen wollte mußte die schwedische Justizministerin Anna-Greta Leijon gehen. Ihr Drang nach Aufklärung der mysteriösen Palme-Mordaffäre hatte den Zorn der bürgerlichen Opposition heraufbeschworen. Um die Minderheitsregierung Carlsson nicht durch ein Mißtrauensvotum zu gefährden, zog die Justizministerin die Konsequenzen. Sie hatte einen unkonventionellen Versuch gewagt, zu den stagnierenden offiziellen Palme-Ermittlungen durch eine private Initiative, über die sowohl sie als auch der Reichspolizeichef informiert waren, ein Gegengewicht zu setzen.

Skandalös sei - darin ist sich Schwedens Opposition einig -, daß die Justizministerin einen privaten Ermittler und privates Geld eingeschaltet habe - eine Ungeheuerlichkeit im allgegenwärtigen schwedischen Wohlfahrtsstaat, in dem das Gute und das Nützliche stets durch staatliche Institutionen vetreten werden und der Privatinitiative eine Hauch des Anrüchigen anhängt. Der Skandal ist allerdings ein ganz anderer. Die nordische Justiz-Groteske zeigt, daß selbst an der Spitze der Regierung das Vertrauen zum eigenen Fahndungs- und Polizeiapparat zerstört ist.

Der Wohlfahrtsstaat setzt sich selbst außer Gefecht. Indem er die Initiative brandmarkt, die der Kritik gegenüber einem gelähmten Fahndungs- und Polizeiapparat fähig ist, verhindert er jedwede Korrektur. Die panische Reaktion auf unabhängige Aufklärungsversuche legt den Verdacht nahe, daß es tatsächlich etwas zu verbergen gibt. Ein als Waffenhändler demaskierter Olof Palme würde den Mythos von der „nordischen Friedensnation“ gefährden. Deshalb wurden Frau Leijon - und mir ihr Frau Justitia ausgeschaltet.Martina Kirfel