Ein Mord begangen für fünf Millionen? Des Mordes Beschuldigter widerrief Geständnis / Bordell-Besitzer beschuldigt / Der Fünf-Millionen-Erbe mischt Familie auf / Intrigen gegen Pflichtverteidiger

Ein Mord begangen für fünf Millionen?

Des Mordes Beschuldigter widerrief Geständnis / Bordell

-Besitzer beschuldigt /

Der Fünf-Millionen-Erbe mischt Familie auf / Intrigen gegen Pflichtverteidiger

Spektakulär war die Tat, spektakulär begann am 1. Juni der Prozeß gegen den 59jährigen Ronald Krüger: der Mann, der im vergangenen Oktober seine 81 Jahre alte Mutter und den 82jährigen Vater in deren Tiergartener Villa erschossen haben soll, widerrief am ersten Prozeßtag sein vor der Kriminalpolizei abgelegtes Geständnis und beschuldigte einen Freund.

Ronald Krüger, von Beruf Diamantenschleifer, Heilpraktiker und Mitbesitzer eines Restaurants und einer Bar am Kudamm, hatte mehrere hunderttausend Mark Schulden. Seine Eltern verfügen über ein Vermögen von fünf Millionen Mark. Finanzielle Probleme hatte er öfter, und meistens halfen ihm seine Eltern aus der Patsche. Im letzten Jahr aber, so schien es zunächst, pokerte der Sohn zu hoch, indem er eine Krebserkrankung vortäuschte, um 200.000 Mark locker zu machen. Als die Eltern drohten, ihn zu enterben, schlug in ihm jahrelang aufgestauter - wie er sagte - „abgrundtiefer Haß“ durch.

Von dieser Version, seinem Geständnis folgend, ging das Gericht aus, als es das Verfahren wegen heimtückisch begangenen Raubmordes eröffnete, doch Ronald Krüger wollte von einem Geständnis nichts mehr wissen. Das Verbrechen habe er gestanden, weil sein erster Anwalt, Stübing, ihm dazu geraten habe, um auf Totschlag statt Mord plädieren zu können.

Tatsächlich aber habe ein Freund, der Bordellbesitzer Dieter H., den Doppelmord begangen, ihn an den Tatort gelockt, um an das Versteck des wertvollen Schmucks der 81jährigen Ernestina Krüger zu kommen. Damit nicht genug, habe ihm der Puffbesitzer mit Hilfe von Alkohol und Prügel ein Geständnis abgenötigt und dieses aufgezeichnet - um als Mitwisser des Verbrechens etwas gegen den Täter in der Hand zu haben.

Das aber bestritt der Bordellbesitzer H. Er selbst habe Krüger angezeigt. Das angebliche Geständnis, das im Prozeß noch zu hören sein soll, war über jenen (Fortsetzung auf Seite 18)

FORTSETZUNG VON SEITE 1

Mord ...

Anwalt Stübing der Polizie zuge-spielt worden - womit eine merkwürdig anmutenden personelle Verflechtung zwischen Krügers Anwalt und dem Bordellbesitzer offenkundig wurde. Krüger hatte nämlich mit dem Geständnis auch einen Verzicht auf sein Erbe kundgetan. Profitieren von den fünf Millionen wollten nun Krügers Stiefsohn Alexander, vertreten von Anwalt Stübing, aber auch Krügers Tochter aus erster Ehe, Angelika, die am Montag aussagte und weniges unversucht ließ, ihren Vater in möglichst schlechtem Licht, ihr eigenes Verhältnis zu „Omi“ und „Opi“ dagegen rosig erscheinen zu lassen. Nachdem zunächst ihr eigener Anwalt, der sie in der Erbschaftssache vertritt, ausgesagt hatte, seine Klientin habe ihm den Eindruck vermittelt, ihren Vater zu verdächtigen, noch bevor der sein Geständnis abgelegt hatte, legte „Angie“ kräftig nach.

„Sehr gut“ sei ihr Verhältnis zu den Großeltern gewesen, ihr Vater hingegen habe den beiden Alten das Leben noch zusätzlich schwer gemacht, als er die Geschichte von einer Krebskrankheit auftischte - in einer Situation, in der „Opi“ schwer herzkrank war. Weil Ronald Krügers Eltern Verdacht geschöpft hätten, habe sie Erkundigungen eingezogen - ob der Vater sich tatsächlich zu „Professor Hackethal“ in Behandlung begeben habe, um dafür bei seinen Eltern finanzielle Unterstützung von „mehreren hundertausend Mark“ locker zu machen. Als der Verdacht sich erhärtete, Roland brauche das Geld zur Sanierung seines ruinösen Restaurants, hätten sich die Eltern so getäuscht gefühlt, daß sie ihn enterben wollten. Das Geld, das Roland bekommen habe, sei zundem in einer Art Vertrag an die Aufgabe des maroden Wirtsbetriebes gebunden gewesen.

Roland Krügers Frau Sabine sieht die Sache anders. „Spannungen“ habe es immer gegeben, erinnerte sie sich, nicht zuletzt, weil die Mutter des Beschuldigten offensichtlich gerne zeigte, daß sie ihren Sohn für einen „Versager“ hielt.

Daß ihr Mann „zwiespältige bis schlechte Beziehungen zu seinen Eltern“ gehabt habe, führte sie darauf zurück, daß er von ihnen „nicht geliebt“, eher „wie ein Fremder“ behandelt worden sei. Noch in ihrer Gegenwart habe Ronalds Mutter gelegentlich zum Besten gegeben, daß sie ihr Kind früher oft durchgeprügelt habe. Zur Frage einer Richterin, ob Ronald Krüger seine Eltern gehaßt habe, meinte sie: „Ich würde sagen: ja.“

Sie selbst, seit 1971 mit Ronald Krüger verheiratet, habe sich gut mit ihm verstanden. Daß die letzte finazielle Hilfe der Eltern, wie „Angie“ behauptet hatte, an bestimmte Bedingungen geknüpft gewesen sei, bestritt sie.

Roland Krüger wähnt sich seit Dienstag zwischen allen Fronten. Da hatte ihn Ex-Anwalt Stübing in der Haft besucht, seinen Pflichtverteidiger Enners der Bestechlichkeit beschuldigt und Krüger zu überreden versucht, ihm erneut ein Mandat zu übertragen.

Um dem Intrigenspiel zu entgehen, beauftragte er am Mittwoch einen zusätzlichen Wahlverteidiger. Am Montag wird weiterverhandelt.WvB