Modernisierung

■ Gandhi macht Millionen für Entwicklungshilfe locker

G A S T K O M M E N T A R Modernisierung

Gandhi macht Millionen für Entwicklungshilfe locker

Modernisierung ist das Stichwort für Rajiv Gandhis Wirtschaftspolitik, mit dem er jetzt auch in Bonn mehrere Millionen Mark Entwicklungshilfe-Gelder für das Stahlwerk Rourkela locker machen konnte. Damit soll dieses Schaustück bundesdeutscher Entwicklungshilfe aus den sechziger Jahren, damals von Krupp, DEMAG und Konsorten in den Dschungel des ostindischen Bundesstaates Orissa gesetzt, durch bundesdeutsche Unternehmen technologisch aufgemotzt werden. Wer den Preis für solchen Fortschritt zahlt, zeigte sich damals schon: dem seinerzeit modernsten Stahlwerk Asiens mußten Tausende von Familien weichen, viele von ihnen leben noch heute verelendet in den Slums um das Stahlwerk herum.

Für Rajiv Gandhi heißt Entwicklung vor allem Stahlwerke, Großkraftwerke, Atomkraftwerke, Satelliten, Computer, Kampfflugzeuge, Konsumgüter, nicht aber Stromanschluß, Trinkwasser oder eine gesicherte Existenz für die Hälfte der Bevölkerung. Und während seine Regierung Milliarden für den Marsch ins 21. Jahrhundert bereitstellt und zusammenpumpt, muß sie sich bei Dürre und Überschwemmungen wie im vergangenen Jahr Hilfsgelder im Ausland zusammenbetteln. Der Rourkela-Deal zeigt auch einmal mehr, wo die Priorität der deutschen Entwicklungspolitik liegt: Industrieaufträge. Das ist weder neu noch verwunderlich, es ist nur diesmal besonders entlarvend, weil der Deal mit einem Schlag alle Windungen und Wendungen der entwicklungspolitischen Rechtfertigungsideologen, ihre Schwüre auf Grundbedürfnisbefriedigung und Selbsthilfe der Bevölkerung, widerlegt: Stahlwerk in den sechziger Jahren, Stahlwerk in den Neunzigern - Profit forever.Uwe Höring