CDU und Gott und die Welt

■ Der CDU-Parteitag begann ohne Diskussionen und mit müden Reden / Initiativantrag fordert Arbeitsdienst für arbeitslose Jugendliche / Strauß vergleicht Gorbatschows Kleidung mit dem Äußeren Prinz Eugens

CDU und Gott und die Welt

Der CDU-Parteitag begann ohne Diskussionen und mit müden

Reden / Initiativantrag fordert Arbeitsdienst für

arbeitslose Jugendliche / Strauß vergleicht Gorbatschows

Kleidung mit dem Äußeren Prinz Eugens

Aus Wiesbaden Oliver Tolmein

Gott und die Welt, Ost/West und Nord/Südbeziehungen, Krieg und Frieden, Innen- und Außenpolitik - auf dem CDU-Parteitag schweifte Helmut Kohl gestern in einer Stunde Redezeit einmal durch alle nur erdenklichen Themengebiete. „Wir leben auf der Sonnenseite der Geschichte unseres Volkes“, freute sich der Parteivorsitzende und geißelte den „törichten Jugendkult“, der verhindere, daß Arbeitnehmer über die Pensionierungsgrenze hinaus arbeiten. „Abrüstung ist kein Wert an sich“, erklärte er unter mäßigem Beifall und wies gleich mehrfach darauf hin, daß „wir heute ein Land von großem internationalen Gewicht“ sind. Neue Töne waren in Kohls Rede nicht auszumachen. Er wollte offensichtlich niemandem weh tun und in den aktuellen Streitfragen vorerst für niemanden Partei ergreifen. Unterdessen sammelte das Bundesvorstandsmitglied Renate Hellwig noch Unterschriften für einen Antrag, der eine Art Arbeitsdienst für Jugendliche fordert: „Kein junger Mensch bis zum 25. Lebensjahr sollte auch nur einen Tag Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe oder Sozialhilfe erhalten, ohne dafür wenigstens halbtags zu arbeiten oder sich weiterzubilden.“ Der Antrag, der die Unterschriften vor allem baden-württembergischer Delegierter trägt, darunter die beiden Landesminister Schlee und Vetter, wird auch vom wirtschaftspolitischen Sprecher der CDU/CSU -Bundestagsfraktion Wissmann unterstützt. Gegenüber der taz erklärte Frau Hellwig, die Nähe der Initiative zum Reichsarbeitsdienst störe sie nicht: „Der Arbeitsdienst ist noch von einer demokratischen Regierung vor der Machtergreifung der Nazis eingeführt worden.“ Der Antrag wird damit begründet, daß „nur so vorbeugend ein Vergammeln Jugendlicher mit allen negativen Folgeerscheinungen (Drogen, Kriminalität, Nichtseßhaftigkeit)“ verhindert werden könne.

Franz Josef Strauß forderte in seinem Grußwort von der Union ein „klares Bekenntnis zu fundamentalen Werten“. Da es angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag keine Rückkehr zum alten Paragraphen 218 geben könne, müsse auf jeden Fall das geplante Beratungsgesetz mit der räumlichen Trennung von Beratung und Abbruch durchgesetzt werden. Strauß plädierte entschieden für die Atomenergie. In seiner bisweilen konfus wirkenden Rede spannte Strauß den Bogen von den alten Griechen zu Clausewitz, streute ein Plädoyer gegen die Kriminalisierung der deutschen Geschichte ein, kam dann zu einem Vergleich der Kleidung Gorbatschows mit dem Aussehen von Prinz Eugen, um schließlich ein paar Überlegungen zum Verhältnis von Fernsehdemokratie, Sowjetunion und Public Relations vorzustellen. Wenn die Stimmung in der Union schlecht ist, bleibt selbst F.J. Strauß verhältnismäßig friedlich.