Funkstille beim "linken Flügel"

Funkstille beim „linken Flügel“

Die grüne „Mitte“ und die Führungsriege der Realpolitiker haben in Manifesten ihre jeweilige Perspektive der Grünen skizziert, doch bei Ökosozialisten und Fundis herrscht unüberhörbar Funkstille. Über strömungspolitische Grundsatz -Kataloge per Urabstimmung entscheiden zu lassen, lehnten sie ohnehin von Beginn an ab: Dies Verfahren, so lautete die Kritik, würde die Perspektiv-Diskussion beenden, bevor sie begonnen hätte. Doch verbirgt sich hinter der Abstinenz auch inhaltliche Schwäche: Seit nahezu zwei Jahren hat sich der linke Flügel auf der Position des Verteidigers grüner Programmatik gegen Realo-Angriffe festgefahren. Eigene Entwürfe, wie eine systemoppositionelle Strategie mit parlamentarischer Reformpolitik zu verbinden wäre, sind mit der Lupe zu suchen. Nach außen prägt Frust und Ratlosigkeit das Bild. Die ständigen Abwehrkämpfe haben sich gerade bei jenen in Resignation niedergeschlagen, die - wie Thomas Ebermann - die Zustimmung zu radikalen Positionen in Partei und Wählerschaft früher allzu rosig malten.

„Untätigkeit“ und „mangelnder organisatorischer Zusammenhalt“ im eigenen Lager wurden denn auch bei einem „Linken-Treffen“ in der vergangenen Woche beklagt - dem ersten seit geraumer Zeit. Die Offensive der Realos, die auf alleinigen Machtanspruch in der Partei drängen, empfanden die im kleinen Kreis versammelten Ökosozialisten und Fundis als „neue Qualität“: Setze sich dieses Konzept durch, gebe es für den eigenen Flügel keinen Platz mehr bei den Grünen. Daß eine Strategie, die auf den Typus des erfolgreichen Mittelschichtlers setzt, mit grünen Zielen nicht vereinbar sei, soll auf den Foren des Perspektivkongresses deutlich gemacht werden. Für eigene Politik-Ansätze will sich der linke Flügel künftig wieder auf außergrüne Bündnispartner besinnen, mit denen gemeinsam Forderungen zu entwickeln seien - etwa jenen Minderheiten, die im Mittelschichts -Konzept der Realos als Zielgruppe nicht mehr vorkämen.

Gegenüber dem gemeinsamen innerparteilichen Gegner, so hoffen einige, könnten die innerlinken Differenzen zurückgestellt werden, die früher mit dem Hamburger Streit um „harte“ oder „weiche“ Tolerierung der SPD ihren Ausgang nahmen: Verlangt doch die Realität in absehbarer Zeit keine bündnispolitischen Entscheidungen. Derzeit aber sind die Linken in der Partei noch weniger als Gruppe erkennbar als die Mitte oder die Realos - allen Titulierungen vom Sekten- und Kaderwesen zum Trotz. cw