Kohl schlägt zurück

■ Nach Kritik an seiner Person aus der Partei buhlte Kohl doch noch erfolgreich um Lob

Kohl schlägt zurück

Nach Kritik an seiner Person aus der Partei buhlte Kohl doch noch erfolgreich um Lob

Aus Wiesbaden Oliver Tolmein

Hart ging es am ersten Tag des CDU-Parteitags zu, hart, aber gerecht. Wer all seine Hoffnungen in die repräsentative Demokratie westdeutscher Prägung setzt und durch beharrliches Absingen des Hoheliedes darauf wohlhabend wird, muß auch eine langatmige Kohl-Einführungsrede geduldig ertragen. Unzumutbar hart wurde es für die VertreterInnen der Presse erst später: Kaum waren alle die Features und Leitkommentare durch völlig überforderte Bundespostleitungen geschrien, getickert und gefaxt worden, strebte der Parteivorsitzende spontan und stocksauer noch einmal ans Rednerpult. Und statt der routinierten Nummer vom Vormittag liefert er jetzt eine deftig-derbe Rede. Die Kritik der letzten Stunden gibt er jetzt zurück. „Ich habe einen gewissen Nachholbedarf an Lob aus der Partei.“ - „Wenn gesagt wird, die Politik, die wir machen, ist schwer zu vermitteln, dann sage ich, wenn wir jetzt nicht sofort handeln, werden wir Absteigen aus der Nationalliga der internationalen Bedeutung.“ Der Fußball bestimmt auch die weitere Metaphorik: Es seien nicht die Mitglieder seiner Mannschaft, die den Spielablauf störten, sondern Nörgler am Rande. „Die Profilierung findet statt, weil das Bestrafungspotential, das unsereiner hat, relativ gering ist.“ Aufgebracht reagiert der Kanzler auf den nunmehr offen auch von den eigenen Leuten erhobenen Vorwurf, er sitze Konflikte aus: Das sei ein Kampfbegriff seiner Feinde, gegen den er sich verwahre. Den Delegierten gefällt der Kohl, der in der Defensive aus der lethargischen Rolle fällt und zu Hochform aufläuft. Daß sie selbst die Beschimpften sind, stört sie dabei wenig. Der Beifall wird zur Ovation, der Parteitag ist für den Kanzler gerettet. Nur die Journalisten nörgeln wieder: An den Telefonen heißt es Schlange stehen, neue Überschriften müssen her, Absätze umformuliert werden. Selbst wenn Kohl sich auf seinen Furor Oggersheimericus besinnt, bleibt er ein Dilettant - zumindest medienpolitisch.