Horst Vetter darf sich bewähren

■ Im Prozeß gegen den ehemaligen Umweltsenator Vetter und den ehemaligen Tiergartener Bezirksbürgermeister Wurche in Sachen Schmiergeldaffäre wurden Bewährungsstrafen von jeweils elf Monaten und hohe Geldbuße

Horst Vetter darf sich bewähren

Im Prozeß gegen den ehemaligen Umweltsenator Vetter und den ehemaligen Tiergartener Bezirksbürgermeister Wurche in

Sachen Schmiergeldaffäre wurden Bewährungsstrafen von

jeweils elf Monaten und hohe Geldbußen verhängt / Vetter

will in die Revision gehen

Mit einem Urteil von elf Monaten auf Bewährung und 25.000 Mark Geldbuße für den Ex-Umweltsenator Horst Vetter (FDP) und den früheren Tiergartener Bezirksbürgermeister Gottlieb Wurche (SPD) wegen eines im Prozeß gegen den ehemaligen Wilmersdorfer Baustadtrats Jörg Herrmann abgelegten Meineids endete gestern vorerst ein weiterer Akt der Schmiergeld -Affäre.

Nach einem mehrmonatigen Prozeß, in dem zahlreiche Politiker - so auch der Regierende Diepgen - bezeugten, vom Baulöwen Franke Geld bekommen zu haben, hielt das Gericht die Angaben der Angeklagten für widerlegt. Vetter - von '83 bis '86 Umweltsenator - hatte behauptet, von den 50.000 Mark, die auf seinen Namen im Franke-Kalender ausgewiesenen sind, nur 10.000 Mark erhalten zu haben. Der bei Franke gleichfalls mit 50.000 Mark verbuchte Wurche - von '76 bis '79 Bezirksbürgermeister von Tiergarten - wollte überhaupt kein Geld gesehen oder erhalten haben.

In der Urteilsbegründung dröselte der Vorsitzende Joachim Häger zunächst noch einmal „das Kernstück“ - die 750.000 Mark Geldzuwendungen an Politiker dieser Stadt in der Zeit von 1981 bis '85 umfassende Franke-Kladde - auf. Nachdem Diepgen, Riebschläger, Kittelmann und viele andere im Prozeß den Empfang vieler 10.000 Mark bestätigt hätten, so Häger, seien die Aufzeichungen über Vetter und Wurche in der Franke -Liste auch zutreffend. Die Straftat Vetters und Wurches läge aber nicht darin, daß sie die Zehntausender angenommen hätten und ob sie diese für „Parteiarbeit, persönliche Parteiarbeit oder persönliche Zwecke verwendeten“, weil sie keine Amtsträger gewesen seien, sondern darin, daß sie im Herrmann- Prozeß die Unwahrheit gesagt hätten.

Daß Vetter von den insgesamt 50.000 Mark 10.000 zugab, die er während seiner Amtszeit als Umweltsenator erhalten und an die FDP Bundespartei überwiesen hatte, fand das Gericht „plausibel“. Aber auch dieses Geld, das Vetter offensichtlich „zu heiß“ gewesen sei, sei von ihm erst „nach reiflicher Überlegung“ und in einer „besonders merkwürdigen Form“ - über Umwege und mit durchkritzeltem Überweisungsformular - weitergeleitet worden. Als „Taktik“ Vetters, „um Zeit zu gewinnen“, wertete das Gericht auch, daß er nach dem Bekanntwerden der Franke-Kladde zunächst jeglichen Geldempfang bestritten hatte. Später hätten Vetter und Wurche den Empfang nicht mehr zugeben können, weil dies für sie eine große „Peinlichkeit“ und „Gesichtsverlust“ bedeutet hätte.

Das Strafmaß begründete das Gericht damit, daß die Taten der Angeklagten nicht so gewichtig seien, um sie dafür zu mehr als einem Jahr - was beamtenrechtliche Konsequenzen bedeuten würde - bestrafen zu müssen. Beide seien „bis auf die Tat honorige Bürger und verdiente Politiker“. Der „Aussagenotstand“ der Angeklagten habe auch strafmildernd zu Buche schlagen müssen, weil die Tat weder „inhaltlich noch sachlich“ mit ihren „hohen politischen Ämtern verknüpft“ gewesen sei. Vetter kündigte Revision gegen das Urteil an.plu