England hart gegen Hooligans

■ Neue Fußballkrawalle in Frankfurt / Britische Regierung beschließt „Anti-Hooligan-Paket“

In der Nacht zum Freitag wurden in Frankfurt zehn britische und ein deutscher Fußball-Anhänger festgenommen. Acht davon wurden im Verlauf des gestrigen Tages freigelassen, die anderen sollten dem Haftrichter vorgeführt werden. Nach Polizeiangaben hatten kleinere Fan-Gruppen, die zum heutigen Europameisterschaftsspiel UdSSR-England angereist sind, Autos umgestürzt, die Einrichtung mehrerer Lokale in Sachsenhausen demoliert sowie Passanten angegriffen. Viele Gastwirte wollen am Samstag ihre Lokale geschlossen halten. „Der Schaden“, teilte ein Pressesprecher jedoch mit, sei bisher „nicht allzu hoch“. Am Freitagmittag wurde dann ein irischer Schlachtenbummler tot im Main aufgefunden, der jedoch ohne Fremdeinwirkung, vermutlich durch hohen Alkoholkonsum, umgekommen sein soll.

Als erste Reaktion auf Schlägereien zwischen Fans zu Anfang der Woche in Köln und Düsseldorf hat der englische Fußball -Verband am Donnerstag einen Antrag zurückgezogen, der britischen Vereinen wieder die Teilnahme am Europapokal der Vereinsmannschaften ermöglichen sollte. Nach dem 29.5.1985, als beim Finale in Brüssel zwischen dem FC Liverpool und Juventus Turin 39 Menschen starben, wurden britische Vereine von dem Europäischen Fußball-Verband (UEFA) von allen Wettbewerben ausgeschlossen.

Von der Thatcher-Regierung wird inzwischen ein „Anti -Hooligan-Paket“ diskutiert. Nach einer „Krisensitzung“ am Donnerstag kündigte Innenminister Douglas Hurd an, man wolle gegen bekannte Fußballrowdies Reisebeschränkungen verhängen. Außerdem soll untersucht werden, wie der Eintritt in Stadien beschränkt werden; gedacht wird an obligatorische Mitgliederkarten für den Kauf von Tickets.

Auch müßte die Polizei bessere Informationen über die Fans -Szene sammeln. Daß auch schon bisher Agenten in jugendliche Gruppen eingeschleust werden, Fortsetzung auf Seite 2

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FORTSETZUNG VON SEITE 1 bewies vor Wochen eine Gerichtsverhandlung: die angeklagten „Hooligans“ wurden freigesprochen, weil ihre Gewalttaten von Polizei-Provokateuren iniziiert worden waren.

Trotzdem sprachen sich bei einer Umfrage der Zeitung 'Today‘ 90Prozent aller Befragten dafür aus, verurteilten „Hooligans“ die Pässe abzunehmen. Für die Randale in Düsseldorf am Dienstag und Mittwoch sind die englischen Fans nicht verantwortlich zu machen. Es sollen vor allem Mitglieder der sogenannten „Gelsenszene“ und der Dortmunder „Borussenfront“ gewesen sein, die ausländische Fußball -Besucher immer wieder provozierten. Unter den 371 am Mittwoch beim Spiel Niederlande-England festgenommenen waren nur 18 Engländer. Die waren also, wie der Düsseldorfer Polizeisprecher Wolfgan Rodax bestätigt, „nicht das Problem“.

Wegen der vielen Fans, die ohne Unterkunft sind, hat die Frankfurter Stadtverwaltung auf Drängen der Polizei in der Nähe von Sachsenhausen fünf Turnhallen als Notquartiere zur Verfügung gestellt. Busse der Stadtwerke stehen zur Verfügung, die Feuerwehr hat 430 Feldbetten aufgebaut.

Für Dieter Bott, einen Mitarbeiter des Frankfurter Fan -Projekts, sind diese Maßnahmen das Eingeständnis von Verwaltung und Polizei, die Situation der Fans während der EM falsch eigeschätzt zu haben. Das Angebot des Projekts, Übernachtung und Kulturprogramm zu organisieren, war Monate vorher abgelehnt worden. Begründung: Der Kartenverkauf sei an Hotelbuchungen gekoppelt - es bestehe „kein Handlungsbedarf“. In den vergangenen Tagen hätten jedoch in Stuttgart und Han nover zwischen 500 und 700 Jugendliche in Zeltcamps übernachtet und damit gezeigt, so Bott zur taz, „daß die hiesigen Fans die englischen Fußballanhänger besser einschätzen können als die gesamte Polizeiintelligenz.“