„Ganz zentral für inhaltliches Profil“

■ Susi Möbbeck, frischgebackene Juso-Bundesvorsitzende, zur Zukunft ihres Verbandes

taz: Du bist jetzt bundesweite Chefin, aber in Bremen machen die Jusos nicht viel von sich reden. Hast Du ein sinkendes Schiff verlassen?

Susi Möbbeck: Im Gegenteil. Wir haben in den letzten Jahren ein paar Ansatzpunkte dafür gesetzt, daß es wieder nach vorne gehen kann mit den Bremer Jusos...

Wo denn?

Zum Beispiel darin, daß es eine stärkere Orientierung auf jugendpolitische Aktivitäten gegeben hat. Das ist die notwendige Voraussetzung dafür, daß wir wieder ausstrahlungsfähig werden.

Die Jugendlichen sind Euch trotzdem nicht zugelaufen...

Ich gehe erstmal davon aus, daß unser Mitgliederloch zu Zeiten der Schmidtregierung entstanden ist. Danach hat es durchaus wieder Eintritte gegeben, insbesondere von sehr jungen Genossinnen und Genossen. Die sind mit einem Tatendrang gekommen, wirklich etwas zu verändern. Natürlich reicht das nicht aus. Und da wir insgesamt eine überalterte Organisation sind, werden wir uns darauf einstellen müssen, daß wir kleiner werden.

Du bezeichnest Dich als Marxistin und Feministin. Willst Du Lohn für Hausarbeit?

Nein, ich bin der Auffassung, daß es nur eine Möglichkeit für Frauen-Gleichstellung gibt, wenn der ganze Bereich der Erwerbsarbeit ausgebaut wird.

Also kapitalistische Lohnsklaverei für alle?

Nein, ich will Aufbau und Umbau der Erwerbsarbeit, und das heißt, daß die Arbeit in gesellschaftlich sinnvollen Bereichen ausgeweitet wird.

In Bremen ist zum Ausweiten zur Zeit jede Menge Platz. Siehst Du Ansätze, daß etwas in der Richtung unternommen wird?

Ja, das ist ja mit einer Diskussion insgesamt um die Frage „Zukunft der Arbeit“ verbunden. Ich sehe Ansätze insbesondere in gewerkschaftlichen Positionen, z.B. in der IG Metall.

Deine Bündnispartner waren in der Schulzeit die SDAJ und in der Uni der MSB. Willst Du das bundespolitisch fortsetzen?

Die sogenannte Bündnisfrage spielt heute in den Diskussionen der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten keine Rolle mehr. Wir arbeiten in gesellschaftlichen Bewegungen da mit, wo wir es in Sachfragen für sinnvoll halten.

Welche Schwerpunkte habt ihr für die nächste Zeit?

Es geht ganz zentral darum, unser inhaltliches Profil zu stärken. Das heißt, daß wir sowas entwickeln wie ein Reformprojekt für die 90er Jahre. Schwerpunkte sind die Gestaltung der Arbeit und der qualitative Aufbau des Sozialstaats - d.h. materielle Sicherheit als Grundlage für eine Entfaltung von individuellen Bedürfnissen.

Machst Du eigentlich außer Politik noch was anderes?

Na sicher, ich studiere zum Beispiel...

...Politik...

Ja, aber ein Studium Politik auf Lehramt ist immer noch was anderes, als politische Arbeit bei den Jusos.

Du wirst einmal Lehrerin werden?

Nein, damit rechne ich nicht.

Portrait auf S. 5

Fragen: Dirk Asendorpf