Unterkunft wird wieder aufgebaut

■ Der Gemeindedirektor des ostfriesischen Städtchens Esens wehrt sich gegen Vorwürfe des Flüchtlingsrats Niedersachsen, daß Asylbewerber menschenunwürdig untergebracht seien

„Die Unterbringung ist sicher nicht ideal, aber sie ist zumutbar und menschenwürdig. Wir werden diese Unterkünfte auch weiter nutzen.“ So kommentierte Bernard Thüer, der Samtgemeinde-Direktor des ostfriesischen Städtchens Esens, die scharfe Kritik des Flüchtlingsrats Niedersachsen an der Unterbringung von Asylbewerbern in einer umgebauten ehemaligen Fischfabrik. Flüchtlingsrat-Sprecher Michel Golibrzuch hatte Esens als „Schandfleck ostfriesischer Asylpolitik“ bezeichnet.

Eine Sozialpädagogin der Arbeiterwohlfahrt aus Bremen, die in deren „Überregionaler Beratungsstelle für Flüchtlingsfragen“ arbeitet, hatte sich die beiden Gemeinschaftsunterkünfte angeschaut, in denen 34 der 53 Asylbewerber in Esens untergebracht sind. In einem Schreiben an den Stadtdirektor hatte sie das Leben in der „Fischfabrik“ als „absolut unzumutbar und menschenunwürdig“ bezeichnet.

21 Asylbewerber und ein deutscher Obdachloser leben hier. Sechs der zwölf Zimmer waren durch Brandstiftung, vermutlich durch Bewohner, zerstört worden und werden wieder aufgebaut. Die bewohnbaren Räume sind derzeit von drei bis sechs Personen belegt, die sich zwei Toiletten, zwei Duschen und Waschbecken teilen müssen. Es gebe keine Waschmaschine, in Esens auch kein Waschcenter. „Die Bewohner leben auf nacktem Estrich. Die Ausstattung der Zimmer ist mehr als karg, außer einem Bett und einem Stuhl pro Person sowie Herd, Tisch und Kleiderschränken gibt es kaum Einrichtungsgegenstände, die die Räume wohnlich machen“, heißt es weiter in dem Schreiben.

Durch Arbeitsverbot und die Residenzpflicht seien sie zudem gezwungen, sich meist in der Unterkunft aufzuhalten, in der es auch kein Telefon gebe. Und auch an einem verantwortlichen Hausmeister und an sozialer Betreuung

fehle es. Das alles, so die Sozialpädagogin, führe zu Aggressionen und Depressionen; ein Iraner weise bereits massive psychische Störungen auf.

„Ich nehme den Bericht nicht ernst“, sagt Bernard Thüer. Die Sozialpädagogin hatte auch bemängelt, daß die „Fischfabrik“ rund 1,5 Kilometer von der Stadtmitte entfernt liege und keinen Busanschluß habe. „Die gute Sozialarbeiterin aus Bremen hat keine Ahnung von den Verhältnissen auf dem Land. Diese Entfernung laufen bei uns die Schulkinder täglich; der nächste Aldi-Laden ist auch nur 1200 Meter entfernt.“

Der Flüchtlingsrat hatte die Gemeinde aufgefordert, für eine Einzelunterbringung zu sorgen. Thüer: „Wir würden gerne private Räume anmieten, aber wir sind ein Fremdenverkehrsgebiet. Die Inseln weigern sich, Asylbewerber aufzunehmen, und hier werden alle freien Zimmer an Urlauber vermietet.“

mc