Politik statt Krieg

Die Utopie gegen die militärische Konfrontation setzen  ■ K O M M E N T A R E

Es herrscht Krieg an der Stadtgrenze, die doch die Mitte der Stadt ist. Es macht die besondere Wut des Senats aus, daß auf dem Kubat-Dreieck angeknüpft wird an den Entwurf der demokratischen Stadt von Menschen, für die man in den letzten Jahren nur den Knüppel hatte, die an die Ränder der Stadt abgedrängt wurden. Der Senat kann keinen Ort ertragen, der sich seinem Zugriff entzieht. Wer selbst ganze Bezirke ausbürgert, wütet, wenn andere sich vom Konsens der dreckigen Hände lossagen.

Ohne Polizei hätte es keine Prügeleien gegeben - aber sich darauf einzulassen, sich in eine solche Auseinandersetzung zwingen zu lassen, kann nicht die Lösung sein. Man muß weg von der militärischen Ebene, von der Materialschlacht, die nur die Polizei gewinnen kann. Die Stärke des Kubat-Dreiecks ist die Utopie einer Gegenkultur, die in Berlin immer auch ein Kampf gegen Beton war; dem Beton in den Köpfen der politisch Verantwortlichen, dem Beton der Wohnsilos und Autoschneisen. Die Regierenden versuchen, eine Solidarisierung mit diesen Ideen durch Spaltung und Kriminalisierung zu verhindern: Friedliche Bewohner könnten sich ja gegen den kriminellen Kern, der am Umweltschutz ohnehin nicht interessiert sei, am besten zur Wehr setzen, wenn sie nach Hause gingen, sagt CDU-General Landowsky.

Wenn es einen Zeitpunkt gibt, das Pflänzchen einer anderen Stadtzukunft zu verteidigen, dann jetzt. Wer diesen Krieg beenden und zu einer politischen Aktion gegen den Senat wenden will, muß sich jetzt einschalten. Zwischen Mauer und Stacheldraht ist der Platz, wo sich dreitausend Netzwerk -Mitglieder zum zehnten Geburtstag zum Gruppenfoto aufstellen müssen, wo der linke Sportverein „Solidarität“ seine Mitgliederversammlung und die AL ihre Fraktionssitzungen abhalten sollten, die linke Ärztekammer -Fraktion ihr Kolloqium „Grün als Gesundheitsfaktor“ ansetzen, der republikanische Anwaltsverein über Völkerrecht und die Kollektivbetriebe über Selbstversorgungswirtschaft debattieren sollten - zum Beispiel.

Gerd Nowakowski