Leistungskürzung, um mobil zu machen

Gespräch mit dem Obmann der FDP im Bundestags-Ausschuß zur Arbeits- und Sozialordnung, Dieter Thomae  ■ I N T E R V I E W

taz: Die Bundesregierung möchte den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung von 4,3% auf 4,8% erhöhen. Die FDP ist dagegen?

Thomae: Die FDP ist der Auffassung, daß wir die Lohnnebenkosten auf keinen Fall erhöhen müssen, um die Wettbewerbsfähigkeit der BRD zu erhalten.

Sie wollen bei den Qualifizierungs- und bei den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen kürzen?

Nein, wir wollen an den Qualifizierungsmaßnahmen nichts verändern. Wir diskutieren aber, ob die ABM-Maßnahmen in dieser Konzeption weitergeführt werden sollen. Außerdem wollen wir für jüngere Arbeitnehmer die Zeiträume für den Bezug von Arbeitslosengeld kürzen, nach Alter gestaffelt: Bis zu 20 oder 25 Jahren z.B. 6 Monate Arbeitslosengeld, von 25 bis 30 Jahren ein Jahr.

Wie begründen Sie das?

Wir müssen Jugendliche, die arbeitslos sind, auch finanziell deutlicher auffordern, in den Arbeitsprozeß zurückzukehren, zumal arbeitslose Jugendliche auch den täglichen Rhytmus verlernen. Da haben wir auch eine sozialpolitische Aufgabe.

Ist das alles?

Zuerst soll die Bundesanstalt für Arbeit die verschiedenen Ausgaben analysieren und ein langfristiges Finanzierungskonzept vorlegen. So könnten 700 Millionen bis eine Milliarde eingespart werden, ohne daß Leistungen gekürzt werden. 2. Wir wollen durch einen globalen Subventionsabbau, von der Landwirtschaft bis zur Airbus -Industrie, rund eine Milliarde einsparen, die dann der Bundesanstalt zur Verfügung gestellt werden. Wir brauchen dann noch weitere zweieinhalb Milliarden. Die letzte Möglichkeit werden Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt sein. Es wäre ja auch denkbar, daß man einmal nachdenkt, ob bestimmte Aufgabengebiete nicht ausgegliedert und mit einer anderen Rechtsform wahrgenommen werden.

Aber mit Verkürzung des Arbeitslosenbezugs für jüngere Arbeitslose und beim ABM-Programm werden doch Leistungen gekürzt.

Ich betrachte das nicht als Leistungskürzung. Wir betrachten das als eine Aufforderung, mobiler zu werden.

Gleichzeitig trägt die FDP die geplante Steuerbefreiung des Flugbenzins für Hobbyflieger mit. Jetzt wollen vier bis fünf FDP-Kollegen dagegen stimmen.

Ja. Ich kann mich darauf nicht einlassen.

Aber Herr Mischnik hat Ihnen allen nahegelegt, für die Steuerbefreiung zu stimmen, damit die Steuerreform als Ganzes nicht gefährdet wird.

Wenn Franz-Josef Strauß ein solches Werk wegen 25 Millionen kippen möchte, dann muß ich Ihnen sagen: Ich verstehe sein Verhalten nicht.

Sie haben also kein Privatflugzeug?

Nein. Aber darum geht es nicht. Der Bürger versteht die Steuerbefreiung für Privatflieger nicht.

Sie stimmen am Donnerstag im Bundestag also dagegen?

Ja.

Und Sie werden auch nicht krank?

Ich werde an der Abstimmung teilnehmen.

Interview: Ursel Sieber