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Irrfahrt von radioaktivem Fleisch

Fleisch aus Irland und Dänemark sollte ursprünglich an Venezuela verschoben, dann Holland angedreht werden / Jetzt will es auch hier niemand haben: Entladeverbot in Wilhelmshaven  ■  Aus Wilhelmshaven D.Bartz

Radioaktivitätsmessungen sollen jetzt klären, ob eine Ladung von 6.050 Tonnen Rindfleisch in Wilhelmshaven angelandet werden darf. An Bord des Kühlfrachters „Reefer Rio“, der seit Sonntag in der Nordsee-Hafenstadt liegt, sind gestern Proben gezogen worden, um festzustellen, ob die Verseuchung des Fleisches den EG-Grenzwert von 600 Becquerel übersteigt. Der Zoll hat über das Schiff ein Entladeverbot verhängt.

Das griechische Kühlschiff, das mit Billig-Besatzung unter panamesischer Flagge fährt, hatte das Rindfleisch in Venezuela an Bord genommen. Etwa 4.000 Tonnen stammen ursprünglich aus Irland, weitere 2.000 aus Dänemark und gehören einem irischen Fleischhändler. Die venezolanischen Behörden hatten den Import verweigert, nachdem Kontrollmessungen eine Belastung bis zu 710 Becqerel ergeben hatten; in Südamerika gilt ein Grenzwert von 300 Becquerel. Die Fleischladung wurde im Mai 1987 dorthin transportiert. Zuvor war sie in der EG geprüft worden. Nach den Angaben auf den Ausfuhr-Zertifikaten soll es mit 50 bis 250 Becquerel belastet sein. Vermutlich hatten die Rinder verstrahltes Futter erhalten. Jetzt ist die „Nordfrost Kühl-und Lagerhaus -Gesellschaft“ in Schortens bei Wilhelmshaven die Empfängerin der Ladung. Firmeninhaber Horst Bartels vermutete gegenüber der taz, daß in Venezuela falsch gemessen wurde. Das Fleisch gehöre weiterhin dem irischen Händler. Es werde in Schortens nur zwischengelagert und soll nicht in die BRD, sondern erneut ins Ausland verkauft werden. Bartels: „Der Besitzer muß sich jetzt eben überlegen, wo er es los wird.“ Wenn der EG-Grenzwert überschritten werde, wolle er die Annahme verweigern. In der letzten Woche lag die „Reefer Rio“ vor der holländischen Küste, hatte aber wegen der sich dort abzeichnenden Proteste nicht angelegt.

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