Eduscho: „Tollhaus“ mit allen Schikanen

■ Firmen-Anwalt wollte an DAG-Pressekonferenz teilnehmen / DAG-Sekretär Frensel trug Vorwürfe gegen Eduscho-Geschäftleitung und Betriebsräte zusammen / Eduscho-Personalchef: 50 neue Arbeitsplätze im Hochregallager

Gerade hat DAG-Sekretär Hartmut Frenselerklärt, daß die Namen einiger anwesender Eduscho-Beschäftigter nicht genannt werden sollen, damit sie nicht gefeuert werden, da öffnet sich die Tür. Ob er denn „als interessierte Öffentlichkeit“ an der Pressekonferenz teilnehmen könne?, fragt ein gutgekleideter Herr und wird sofort des Raumes verwiesen. Die „interessierte Öffentlichkeit“, klärt Frensel die verdutzten JournalistInnen auf, war der Eduscho-Rechtsanwalt Rolf Werther. „Das ist bezeichnend für das Tollhaus Eduscho“, sagt der DAG-Sekretär. „Die völlig antiquierte Geschäftsleitung versucht mit allen Mitteln, Angst und Unruhe in die Belegschaft zu tragen.“

Frensel nennt gleich reihenweise Beispiele. So wurde Ende Februar einem Betriebsrats-Kandidaten nach zehn Jahren Arbeit bei Eduscho gekündigt. Nicht weiter ausgeführter Grund: „Fehlverhalten“ - ein Fall für's Arbeitsgericht. Ende März er

hielt eine Kollegin eine Abmahnung, weil sie während der Mittagspause DAG-Flugblätter verteilt hatte. Die Geschäftsführung: Die Mittagspause diene ausschließlich der Erholung. Und Eduscho-Werkschutzleiter Harry Piehl, der durch die Bespitzelung Björn Engholms bekannt geworden ist, untersagte per Dienstanweisung, daß an der Pförtnerei Post für die DAG angenommen werden dürfe.

Krach im Betriebsrat

27 Betriebsräte vertreten die mehr als 4.400 Beschäftigten des Firmen-Patriarchen Eduard Schopf. Vier Betriebsräte gehören der DAG an, fünf sind Mitglieder der DGB -Gewerkschaft Nahrung, Genuß und Gaststätten (NGG). Der Rest ist unorganisiert und stellt seit langem den Vorsitzenden. Diese Unorganisierten gelten quer durch alle Einzel -Gewerkschaften als ausgesprochen arbeitgeberfreundlich. Mit beiden Fraktionen hat sich die

DAG schwer angelegt.

Frensel: Eine Betriebsversammlung sei lange überfälllig gewesen - erst als die DAG dem Betriebsrat mit einem Antrag auf Amtsenthebung drohte, sei sie einberufen worden. Ein Antrag neugewählter DAG-Betriebsräte, an Schulungen über Arbeitsrecht teilzunehmen, sei auch mit den NGG-Stimmen abgelehnt worden. Begründung: Der Betriebsrat sei auch ohne Schulung funktionsfähig. Nicht einmal ein Betriebsverfassungsgesetz sollte auf Firmenkosten gekauft werden: Den DAGlern wurde empfohlen, sich den Text bei ihrer Gewerkschaft zu besorgen. „Und die NGG-Betriebsräte schweigen zu alledem“, klagt Frensel.

Und auch im Retouren-Lager in Seckenhausen bei Brinkum, in dem zurückgeschickte „Nonfood„-Artikel aus dem Eduscho -Sortiment aufgearbeitet werden, ist es zu Kündigungen gekommen, die nach Frensels Meinung mit den DAG-Aktivitäten zusam

menhängen. Bis das neue Hochregallager am Europa-Hafen fertig ist, arbeiten dort rund hundert Beschäftigte mit Zeitarbeitsverträgen, für die die DAG eine Übernahme fordert (taz vom 21.6.). Davon nahmen etwa fünfzehn an einer DAG -Informationsveranstaltung teil - sieben von ihnen, die noch nicht keinen Kündigungsschutz hatten, wurden bislang gefeuert. Werksleiter Böhm, sagte gestern eine Betroffene, habe schon vorher angekündigt, daß TeilnehmerInnen an dieser Veranstaltung rausfliegen würden.

Die Lager in Seckenhausen und am Europa-Hafen gehören der Kaffee Contor GmbH (KC), die einen eigenen Betriebsrat besitzt. „Der ist seit einem Jahr illegal im Amt“, sagt Frensel dazu. Sind eigentlich sieben Betriebsratsmitglieder zwingend vorgeschrieben, ist er, seit die Reserveliste erschöpft und eine Betriebsrätin weggezogen ist, mit sechs Arbeitnehmervertretern unterbe

setzt. Neuwahlen lehnt der KC-Betriebsrat aber ab. Und Frensel hält auch seinen Verdacht aufrecht, daß es sich bei der Arbeit der „Befristeten“ um illegale Arbeitnehmer -Überlassung handle, weil sie ihre Verträge mit Eduscho abgeschlossen haben, jedoch bei KC arbeiten.

Eduscho-Pressesprecher Rolf Helmbrecht: „Wenn die DAG davon überzeugt ist, muß sie klagen“. Die Beschäftigten in Seckenhausen arbeiteten an Eduscho-Artikeln, die für Eduscho auch im Verkauf waren, und etwa das Retourenlager in Oyten „mit identischer Tätigkeit“ - gehöre unmittelbar zu Eduscho. Mehr Beschäftigte, als Frensel erwartet, könnten aus Seckenhausen übernommen werden: „Mindestens fünfzig“ neue Arbeitsplätze werde es nach der Verlagerung des Seckenhauser Betriebs in das neue Lager dort geben, teilte Eduscho -Personalchef Klar mit.

Der KC-Betriebsratsvorsit

zende Berthold Ehlers räumt ein, daß der Betriebsrat unterbesetzt sei. „Wichtig ist aber nicht nur, daß er vollständig ist, sondern auch, daß er funktionsfähig ist. Und letzteres hat für uns Priorität“, sagte er zur taz. Der Eduscho-Betriebsratsvorsitzende Mohnke schließlich weist den Vorwurf Frensels zurück, Betriebsvereinbarungen der Freigestellten seien ohne formellen Beschluß des gesamten Betriebsrats zustande gekommen und damit ungültig: Vorab sei nur eine neue Urlaubsgeldregelung vereinbart worden, um den Betriebsrat nicht zu einer außerordentlichen Sitzung zusammenholen zu müssen. Dazu Frensel auf Nachfrage: „Während der Verhandlungen sind unsere Betriebsräte nicht informiert worden.“ Bei der Vereinbarung ging es um die Erhöhung des Urlaubsgeldes auf 1.200 Mark, die den Tarifverhandlungen der DAG zu verdanken gewesen sei. „Die haben das dann als ihren Erfolg hingestellt.“

mc