Für Erdgas werben, mit Öl heizen

■ Stadtentwicklungs-Deputation will neue Ölheizung für senatseigenes „Tivoli-Hochhaus“ beschließen Lemke-Schulte verstößt gegen eigenes Interesse als Umweltsenatorin und Stadtwerke-Aufsichtsrat

„Stellen Sie um auf ERDGAS, denn jetzt lohnt es sich besonders!“ In großen Anzeigen werben die Bremer Stadtwerke seit einigen Wochen unter diesem Motto für die umweltfreundliche Heiz-Methode. Doch zumindest beim Besitzer der Stadtwerke, nämlich der Stadt Bremen, hat die Werbeparole noch nichts genutzt: Heute will die SPD-Mehrheit in der Stadtentwicklungs-Deputation die Ausstattung des stadteigenen Tivoli-Hochhauses mit einer nagelneuen Heizungsanlage für 850.000 Mark beschließen - einer Ölheizung.

„Wir befürworten natürlich die Umstellung von Öl auf Gas“, blieb Hans Glasneck, zuständiger Abteilungsleiter im Hochbauamt, gegenüber der taz zunächst noch auf Linie der Stadtwerke. Warum dann ausgerechnet der 14stöckige Amtssitz von Sozial-und Wirt

schaftssenator mit einer neuen Ölheizung ausgestattet werden soll, hält Glasneck auch für eine „berechtigte Frage“. In „wochenlanger Arbeit“ habe man Kosten und Nutzen von Öl und Gas verglichen und sei schließlich zu dem Ergebnis gekommen: „Öl ist wirtschaftlicher“. Es solle nun eine „ganz moderne Anlage mit ganz niedrigem Schadstoffausstoß“ eingebaut werden.

„Was wirklich der Grund für die Entscheidung gewesen ist, wissen wir nicht“, erklärte gestern für die Stadtwerke deren Pressesprecher Friedeburg gegenüber der taz. Schon Anfang des Jahres habe man für das Tivoli-Hochhaus eine Erdgasheizung vorgeschlagen und ein billiges Angebot für den Anschluß ans Leitungsnetz gemacht: 2.100 Mark. Doch im April kam eine negative Antwort. „Wir waren

enttäuscht, aber uns wurde gesagt: Das ist zu teuer“, erinnert sich Friedeburg. Zwar seien die laufenden Verbrauchskosten für Erdgas zur Zeit tatsächlich etwas höher als für Öl, dafür bläst dann aber kein Gramm Schwefeldioxid mehr aus dem Schornstein.

Dieses Argument ist auch dem Hochbauamt nicht neu. Denn Hans Glasneck ist gleichzeitig Leiter der „Energiekonferenz Bau“, einer Behörden-Arbeitsgruppe, die für Energieeinsparungen in öffentlichen Gebäuden sorgen soll. Und in dieser Funktion ist er besonders stolz darauf, mit der neuen Ölheizung im Tivoli-Hochhaus Energie zu sparen: Gegenüber der vor 25 Jahren installierten Altanlage, die nur einen Nutzungsgrad von gut 50 Prozent aufwies, wird mit der neuen Heizung in Zukunft der kostbare Rohstoff zu über 85 Pro

zent ausgenutzt. Deshalb soll die 850.000-Marks-Investition auch zum Teil aus „Energiesparmitteln“ finanziert werden.

Glasnecks Vorgesetzte, die Senatorin für Umweltschutz und Stadtentwicklung, ist gleichzeitig Mitglied des Aufsichtsrates der Stadtwerke. Dort sitzt sie mit Wirtschaftssenator und Tivoli-Haus-Bewohner Uwe Beckmeyer zusammen, den Vorsitz führt Finanzsenator Grobecker. Schließlich sind die Stadtwerke im Besitz der Stadt Bremen.

Der jährliche Überschuß aus dem Verkauf von Strom, Wasser und Erdgas fließt in Millionen-Höhe an den Finanzsenator zurück. Wird folglich ein städtisches Haus mit Erdgas beheizt, kommt der Gewinn aus dem Energieverkauf am Ende wieder zurück in die Stadtkasse. Benötigt die Heizung dagegen Öl, bleibt

der Profit beim privaten Händler. Ob dieser Verlust von Einnahmen bei der Tivoli-Entscheidung berücksichtigt worden ist? Hochbauamt-Experte Glasneck verneint: „Wir gehen hier nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten vor.“ Soll heißen: Was schert die eine Behörde der Etat der anderen.

Senatorin Eva-Maria Lemke-Schulte leitet heute die Sitzung der Stadtentwicklungs-Deputation. Bleibt es beim angepeilten Beschluß in Sachen Ölheizung fürs Tivoli-Hochhaus, verstößt sie gegen die Interessen ihren beiden weiteren Funktionen: die der Umweltsenatorin und die der Stadtwerke -Aufsichtsrätin. Vielleicht war es einfach keine gute Idee, Heizungsfragen auf die Tagesordnung der sogenannten „Sommerdeputation“ zu setzen.

Dirk Asendorpf