EP-Atomausschuß legt Abschlußbericht vor

EG-einheitliche Regelungen für Atomtransporte und parlamentarisches Kontrollgremium gefordert / Abschlußbericht soll im Juli in Straßburg diskutiert werden / Durch Vertauschungsaktion der Mol-Fässer seien nur privatrechtliche Verträge verletzt worden  ■  Aus Brüssel Thomams Scheuer

EG-einheitliche Regelungen für Atom-Transporte, die organisatorische Abkoppelung der EURATOM-Safeguards (Überwachungsabteilung) von der EURATOM -Beschaffungsabteilung und die Schaffung eines parlamentarischen Kontrollgremiums, das auch Einblick in geheime EURATOM-Akten haben soll - das sind die wesentlichen Forderungen, die der Untersuchungsausschuß des Europäischen Parlamentes zum Atomskandal in seinem gestern in Brüssel der Presse vorgestellten Abschlußbericht aufstellt. Der von dem deutschen Sozialdemokraten Gerhard Schmid erstellte Abschlußbericht wurde vom Ausschuß einstimmig gebilligt und soll im Juli im Straßburger Plenum diskutiert werden.

Aufgrund der begrenzten Zeit von nur vier Monaten (der Ausschuß des Bundestages etwa hat zwei Jahre angesetzt) brachte der EP-Untersuchungsausschuß erwartungsgemäß keine grundlegenden neuen Erkenntnisse über den atomaren Sumpf zwischen Mol und Hanau zutage. Einige Details scheinen jedoch bemerkenswert: So hat der Euro-Ausschuß als Quelle für die Plutoniumspuren in den berühmten 312 aus dem belgischen Mol in die BRD zurückgelieferten Fässern (die Hanauer Staatsanwaltschaft geht mittlerweile von mindestens 600 Plutonium-verseuchten Fässern aus) kontaminierte Schlämme aus dem stillgelegten belgischen Forschungsreaktor BR III ausgemacht. Dort soll es 1977 einen Schaden im Primärkreislauf gegeben haben. Hinter den in Mol vorgenommenen „Vertauschungsaktionen“ sieht der Ausschuß einerseits finanzielle Interessen: Da das unter chronischem Geldmangel leidende Kernforschungszentrum in Mol (CEN) je zur Hälfte bei Anlieferung und bei Rücklieferung des bundesdeutschen Nuklearschrotts bezahlt wurde, hatte man dort ein Interesse an möglichst kurzen Lieferfristen. Dazu kam andererseits der technische Umstand, daß sich die kontaminierten Schlämme aus dem BR III für das Einrühren in Zement (von der BRD verlangt) besser eigneten als in Bitumen (wie in Belgien üblich). Deshalb wurde aus der BRD angelieferter Atommüll kurzerhand mit solchem aus dem BR III vertauscht.

Durch diese Operation, so der EP-Ausschuß, seien zwar kein Gemeinschafts-Recht, wohl aber privatrechtliche Verträge verletzt worden. Für die in manchen Fässern gefundenen Innenbehälter aus Stahl, bietet der Ausschuß gleich drei Erklärungsvarianten feil: 1) Es handelt sich um Fässer für die Meeresversenkung. 2) Mit der zusätzlichen Abschirmung sollte die Strahlung an der Oberfläche der Fässer in den erlaubten Grenzen gehalten werden. 3) Diese Technik wurde anfangs angewendet, weil das CEN zu wenig Erfahrung mit dem Zementieren der Abfälle hatte. „Keine Hinweise“ konnte der Ausschuß darauf finden, daß im Rahmen des Transnuklear -Skandals auch Bedienstete der EG geschmiert worden seien. Ungeklärt blieb die Frage, für welche Leistung die belgische Firma Smet Jet von Transnuklear seinerzeit mindestens 12 Millionen Mark zu viel erhalten hat. „Da steckt etwas dahinter“, mußte Berichterstatter Schmid passen, „das wir noch nicht wissen.“