Fracht nach Algier

■ BremerInnen statten komplett und zuverlässig zwei Berufsschulen in sahrauischen Flüchtlingslagern aus / Von der Schweißbrille bis zum Feuerwehrauto

Solidaritätsarbeit ist Arbeit. Die der Bremer „Gesellschaft der Freunde des Sahrauischen Volkes“ besteht vor allem darin, Kostenvoranschläge einzuholen, Bestellungen zu ordern und die Waren-Anlieferung zum Überseehafen zu organisieren. Denn die sechs bis acht engeren Bremer „FreundInnen“ sind europaweit für die „technische Kooperation“ zuständig, dafür, daß die beiden Berufsschulen und die Werkstätten in den sahrauischen Flüchtlingslagern komplett ausgestattet sind - bis zum letzten Satz Ohrenschützer und zur letzten

Schreibmaschine. Auf blauen Bestell-Listen ist akribisch in spanischer Sprache aufgeführt, was die Berufsschulen und Werkstätten in der algerischen Wüste bis 1990 benötigen: Drehbänke und Blechbiegemaschinen, Zeichentische und Millimeterpapier, Schweißbrillen und Sicherheitsschuhe, Tintenfässer und Zirkel, Näh- und Stoffschneidemaschinen.

Seit gestern ist die Bremer Gruppe wieder dabei, im Überseehafen eine Containerladung mit dem Bestimmungsziel Algier zusammenzustellen. Von Algier aus haben die Hilfsgüter noch

einen 2.000 km langen Weg vor sich bis zu den Flüchtlings -Lagern im Westzipfel der algerischen Wüste. Allein diese Teil-Fracht hat einen Wert von 200.000 Mark. Das Geld kam u. a. durch Spendensammlungen in der Schweiz, in England und in West-Berlin zusammen. Das Bremer Landesamt für Entwicklungszusammenarbeit steuerte 30.000 Mark bei, die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ bezahlte aus ihrem Flüchtlingsfonds einen LKW. Auch ein „Feuerwehrwagen mit eingebauter Pumpe“ ist mit von der Frachtpa

rie, er soll innerhalb der Lager beim Wassertransport eingesetzt werden.

1975/76 floh die sahrauische Zivilbevölkerung vor den marokkanischen und mauretanischen Besatzern in die algerische Wüste. Jeweils 40.000 Menschen, vor allem Frauen und Kinder, leben in den vier Lagerprovinzen (Wilayas). „Aus dem Nichts“ organisierte die geflüchtete sahrauische Bevölkerung dort nicht nur ein Gesundheitssystem, eine Alphabetisierungskampagne und bewässerte Gärten, sondern auch ein System der Beruflichen Bildung. Eine Kommission hatte zu diesem Zweck verschiedene Kontinente bereist und sich sorgsam eine Meinung über bestehende Ausbildungssektoren in China, Afrika und Europa gebildet. „Wir wollen keine Saltos machen“, zitiert der Bremer Axel Rüst den sahrauischen Berufsschul-Direktor Salem, „dabei kann man sich leicht verletzen. Wir haben wenig historische Erfahrungen mit der Technik, werden also langsam vorgehen.“ Schritt für Schritt werden die Bereiche der Berufsschule aufgebaut, die dort ausgebildeten Sahrauis wiederum sollen in Werkstätten arbeiten, die im nächsten Schritt in jedem der vier Wilayas errichtet werden. Die Sahrauis verzichten dabei auf den Einsatz westlicher ExpertInnen und EntwicklungshelferInnen. Ihnen ist mehr damit gedient, wenn ihre Bestell-Listen zuverlässig in Schiffsfrachten umgesetzt werden.

B.D.