Hör-Funken

■ Nachschlag

Nachschlag. Schlager haben ihren Namen nicht nur daher, daß sie auf die Trommelfelle einschlagen sollen, bis Hirn und Körper zur willigen Masse für den Erfolg vermischt sind, sondern folglich auch von der Tatsache, daß es von ihnen Geschlagene gibt. Wer sich je den Darbietungen des Grand Prix Eurovision ausgesetzt hat, weiß, wie dort gründlicher mit den musikalischen und sprachlichen Sinnen aufgeräumt wird, als etwa durch Stocktaubheit möglich wäre. Die Pointe an diesem Schlagerwettbewerb ist jedoch, daß sich sogar die Bewerber um Siege und Ruhm gegenseitig zu schlagen versuchen. Während auf der Bühne vor den Kameraaugen eitel Show und Freude vorherrschen, hoffnungsvolle Gesichter in die Medienwelt gestreckt werden, das in den Gesichtern festgewachsene Lächeln vor Optimismus fast birst und die strahlenden Posen des Siegers lebensgefährdende Bereiche streifen, herrscht dort, wohin die Kameras nicht dringen, die Affektlage der Konkurrenz, des Nervenkrieges und seiner Opfer. In diese trüb-tränenreichen Sphären schlug sich Ekkehard Kühn mit dem Mikrophon durch und horchte ab, was immer dort ertönte: angefangen vom anonymen Einsenden des Liedgutes bis hin zum Abend des großen Endkampfes um die schlagergequälten Ohren. Nur der Sieger kommt mit einem blauen Auge davon. „Schlager und Geschlagene“, 2000 - 2100, WDR1

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