WAA-Verfassungsspitzel weiter aktiv

Trotz massiver Proteste ist der Verfassungsschutz erneut gegen WAA-Gegner in der Oberpfalz tätig / Grüne: Ziel ist eine Kriminalisierung der ganzen Bürgerinitiative / Innenministerium bleibt bei seiner Rechtfertigung  ■  Aus Nürnberg Wolfgang Gast

Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz hat zum wiederholten Male die Daten von WAA-GegnerInnen ausgeforscht. Wie der Bürgermeister der Oberpfälzer Marktgemeinde Bruck gestern der taz bestätigte, haben sich die Verfassungsschützer vor etwa 14 Tagen erneut Unterlagen aus der Meldekartei des Brucker Rathauses vorlegen lassen. Wie berichtet hatten sich die Mitarbeiter des Landesamts schon einmal im Februar die Meldeunterlagen der Gemeinde vorlegen lassen, diese nach den Daten von WAA-GegnerInnen gesichtet und von den dort eingeklebten Paßfotos Kopien angefertigt. Im Gegensatz zum ersten Vorgehen der Münchner Staatsschützer, das erst Ende Mai bekannt worden war, sollen diesmal im Rahmen einer „reinen Routineüberprüfung“ die Daten von nur einer Person herrausgesucht und auf ein Abfotografieren des Paßbildes verzichtet worden sein.

Bürgermeister Hanisch erklärte gestern, ihm sei nichts anderes übrig geblieben, als die geforderten Unterlagen herauszugeben. Nach Bekanntwerden der ersten „Besuche“ des Verfassungsschutzes hatte er beim Bayerischen Innenministerium um eine „rechtsaufsichtliche Begutachtung“ gebeten. Zwischenzeitlich teilte ihm das Innenministerium in einem Schreiben - zugeleitet über die Bezirksregierung und das Schwandorfer Landratsamt - mit, daß das Vorgehen des Landesamts mit den Bestimmungen des Passgesetzes abgedeckt sein soll. Nachfragen von Bürgerinitiativen bei anderen Oberpfälzer Gemeinden haben bislang keinen stichhaltigen Beweis für ähnliche Vorgänge gegeben. In einem Telefongespräch mit der taz meinte Bürgermeister Hanisch dazu: „Ich kann mir nicht vorstellen, daß wir die einzige Gemeinde sind, in der das vorgekommen ist.“ Das Bayerische Innenministerium hat dagegen bestätigt, daß der Verfassungsschutz auch in anderen Städten aktiv geworden ist. Diese müßten allerdings nicht unbedingt im Oberpfälzer Raum liegen.

Mit den Vorgängen in Bruck befaßt sich zur Zeit auch der Bayerische Datenschutzbeauftragte, der nach eigenen Angaben in engem Kontakt mit dem Brucker Bürgermeister steht. Ein Bericht aus Sicht der Datenschützer ist am 5. Juli in München auf einer Sitzung des Beirats beim Landesdatenschutzbeauftragten im Landtag zu erwarten, nachdem der SPD-Landtagsabgeordnete Warnecke die Brucker Vorfälle auf die Tagesordnung des Beiratgremiums hat setzen lassen. Gisela Pöhler, Landesvorstandssprecherin der bayerischen Grünen, die selbst Mitglied der bespitzelten Bürgerinitiative gegen die WAA ist, erklärte, „vermutlich wird im bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz eine Datei über Mitglieder der Bürgerinitiativen angelegt“. Die fehlenden Daten würden auf halblegalem Weg beschafft, offensichtlich ziele die Aktion auf die Kriminalisierung der gesamten Bürgerinitiative ab.