Die BRD und der Nuklearterror

Nuklearterrorismus-Experte warnt vor WAA und Schnellem Brüter / Gefahr von Plutoniumdiebstahl in der BRD besonders groß / Bonn will zum Vertrag über physischen Schutz von Kernmaterial beitreten  ■  Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Um der Gefahr des „Nuklearterrorismus“ vorzubeugen, sollte die Bundesrepublik die WAA Wackersdorf und den Schnellen Brüter vorerst nicht in Betrieb nehmen. Diese Ansicht vertrat vor dem Bonner Atom-Untersuchungsausschuß gestern der amerikanische Wissenschaftler Paul Leventhal, Leiter des „Nuclear Control Institute“ in Washington und Mitglied einer internationalen Expertengruppe zum Thema Nuklearterrorismus.

„Es kann heute nicht mehr garantiert werden, daß Plutonium oder hochangereichertes Uran nicht in die Hände von Terroristen kommt oder bereits gekommen ist“, meinte Leventhal. Diese Gefahr sei in der Bundesrepublik wegen der hiesigen Dichte von zivilen und militärischen Atomanlagen sowie des „hohen Standards terroristischer Aktivitäten“ besonders ernst zu nehmen. Im Pentagon sorge man sich, daß mit entwendetem Material aus Hanau NATO-Einrichtungen bedroht werden könnten. Wenn die Pläne zur Plutonium -Abtrennung in der BRD und anderen Ländern weiterverfolgt würden, gebe es in der zivilen Atomwirtschaft bald mehr Plutonium als in allen Atomwaffen der Welt. Die Entwicklung müsse deshalb dahin gehen, nur noch schwach angereichertes Uran zu verwenden. „Die fortgesetzte Verwendung von bombenfähigem Material bedeutet, die Opposition gegen die Kernenergie zu stärken“, folgerte Leventhal. Wer für die Atomenergie sei, müsse gegen die Verwendung von Plutonium und hochangereichertem Uran sein.

Entscheidend sei, daß es in der BRD die technischen Voraussetzungen und den „Sachverstand“ zum Bomben-Bau gebe. Leventhal begrüßte in diesem Zusammenhang den Vorschlag, den Verzicht auf eigene Atomwaffen im Grundgesetz festzuschreiben. Mit Hinweis auf die Firma ALKEM, für die es nach einem Jahrzehnt Verhandlungen immer noch kein dauerhaftes Kontroll-Abkommen mit der Internationalen Atomagentur gibt, kritisierte der Experte eine mangelnde Bereitschaft, Sicherungsmaßnahmen zu akzeptieren. Die BRD sei dabei „kein gutes Beispiel“ für andere Länder.

Fast neun Jahre nach Unterzeichnung des internationalen Übereinkommens zum physischen Schutz von Kernmaterial hat das Bundeskabinett am Mittwoch einen Gesetzentwurf zur Ratifizierung dieses Vertrages verabschiedet.

Das Übereinkommen legt Anforderungen für den Schutz spaltbaren Materials bei internationalen Transporten fest.